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Urtikaria
Einteilung der Urtikaria nach Dauer, Frequenz und Auslöser |
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Bezeichnung |
Dauer |
Frequenz der Urticae |
< 6 Wochen |
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> 6 Wochen |
täglich |
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chronische rezidivierende Urtikaria |
> 6 Wochen |
mind. 1x/Woche |
chronische intermittierende Urtikaria |
> 6 Wochen |
> 1x/Woche bis |
Quaddeln und/oder Angioödeme durch physikalische Reize |
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physikalische |
durch: |
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mechanische Scherkräfte (nach 1-5 Min.), häufig stressabhängig/psychosomatisch |
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senkrechten Druck (mit ca. 3-8 h Latenz) |
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kalte Luft/Wasser |
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lokale Wärme |
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UV- oder sichtbares Licht |
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Kontakt der Haut mit Wasser, temperaturunabhängig |
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Sonderformen |
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Bezeichnung |
Charakteristika |
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IgE-abhängige Typ I-Reaktion, seltener Typ II-Reaktion als Teilsymptom einer Serumkrankheit |
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stecknadelkopfgroße Urticae nach Erhöhung der Köpertemperatur durch Anstrengung, |
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nach starkem emotionalem Stress bei psycho-labien Menschen oder Kaffegenuss: Urtika mit weißem Hof |
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Urticae nach Haut-/Schleimhautkontakt mit Typ I-Allergenen oder irritativ toxischen Noxen |
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Urtikaria-Vaskulitis |
kutane Vaskulitis (Entzündung von Gefäßen) mit quaddelartigen Effloreszenzen, |
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kutane oder systemische Mastozytose |
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C1-Esterase-Inhibitormangel; mögliche |
Akute Urtikaria
Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens eine akute Urtikaria zu entwickeln beträgt zwischen 10 und 25 %. Die akute Urtikaria ist damit einer der häufigsten Erkrankungen überhaupt. Die häufigsten Ursachen der akuten Urtikaria im Erwachsenenalter sind akute Infekte (etwa 40 %) oder Unverträglichkeiten gegen Medikamente (etwa 10 %). Im Kindesalter sind neben Infekten (bis zu 80 %) auch Allergien gegen Nahrungsmittel, beispielsweise Kuhmilch, bedeutsam. Meistens tritt eine akute Urtikaria einmalig auf und geht nicht in eine chronische Urtikaria über. Allerdings schwanken Angaben hierzu in der Literatur erheblich (von weniger als 1 % bis 30 %).
Chronische Urtikaria
Die Angaben zur Prävalenz der chronischen Urtikaria (CU) variieren stark. Moderate Schätzungen aus dem deutschen Sprachraum variieren liegen bei 1 bis 2 %. Frauen erkranken etwa doppelt so häufig an CU wie Männer, beide meistens in der vierten bis sechsten Lebensdekade. Bei einer durchschnittlichen Erkrankungsdauer von 4 Jahren variiert die individuelle Dauer der Erkrankung zwischen 0 bis 9 Jahren.
Mögliche Ursachen einer Urtikaria
- allergisch
Nahrungsmittel, Arzneimittel, Aero- und Kontakturtikariaallergene, Insektenallergene - pseudoallergisch
Acetylsalicylsäure, andere nicht-steroidale Antiphlogistika, Konservierungsstoffe, Farbstoffe - Fokalgeschehen
z.B. Tonsillen, Nebenhöhlen, Zähne, Gallenblase, Magen, Parasiten, Wurmbefall, virale Infekte (”infektallergisch”), Neoplasien, Mykosen (Candida albicans), Bakterien (Streptokokken, Helicobacter pylori) - physikalisch
Druck, Scherkräfte, Kälte, Wärme, Wasser, Licht, Vibration - Enzymdefekt des Komplementsystems
C1-Esterase-Inhibitormangel - Kollagenosen
z.B. Lupus erythematodes - psycho-soziale Konflikte
Stress, Depression - endokrine Störungen
Schilddrüsenhormone, Insulinallergie, Urtikaria bei Menstruation oder Schwangerschaft - idiopathisch
in ca. 50 - 70 % der Fälle bleibt die Ursache ungeklärt
Einteilung der chronischen Urtikaria
- Autoreaktive Urtikaria
Beruht auf de Vorhandensein von im 'Blut zirkulierenden Mastzellaktivierenden-Substanzen. Bei einem Teil der Patienten scheinen diese Antiantikörper gegen den IgE-Rezeptor FdERI oder ggen Immunglobulin E gerichtet sein. Patienten mit autoreaktiver CU weisen - vergleichen mit anderen Formen der CU oft eine hohe Urtikaria-Aktivität auf. Die Symptome sind jedoch mit einer ausreichend dosierten symptomatischen Behandlung in der Regel gut zu kontrollieren. - Infekturtikaria
Das Auftreten einer CU in Folge chronischer Entzündungsreaktionen und insbesondere chronisch infektiöser Prozesse - Intoleranz-Urtikaria
Die CU in Forlge einer dosisabhängigen meist zeitlichen verzögerten (4 bis 12 Stunden) pseudoallergischen Reaktion auf Farb-, Konservierungs- oder Aromastoffe.
- Chronische Urtikaria andere Genese
Für fast alle Medikamente gilt, dass eine Urtikaria < 1 % der Behandelten als unerwünschte Wirkung auftreten kann.
Besonders häufig ist sie bei folgenden Medikamenten zu beobachten (bei 1-5 % der Patienten)
Antibiotika
- Penicilline (Amoxicillin, Ampicillin, Apalcillin, Azlocillin, Bacampicillin, Carbenicillin, Ciclacillin, Dicloxacillin, Epicillin, Flucloxacillin, Mezlocillin, Penicillin G , Penicillin V, Pheneticillin, Piperacillin, Pivampicillin, Procainpenicillin, Propicillin, Ticarcillin)
- Cephalosporine
- Vancomycin
Sulfonamide
Andere Infektiosa
- Aciclovir
- Ethionamid
- Griseofulvin
- Isoniazid
- Ketoconazol
- Mepacrin
- Miconazol
- Piperazin
- Thalidomid
- Thiabendazol
- Zidovudin
Analgetika, Antipyretika, Antirheumatika
Neurologische und psychiatrische Medikamente
Kardiovaskuläre Medikamente
Zytostatika
Diagnostika
Verschiedene
Diagnostische Maßnahmen (Auswahl)
- Allgemeines Labor
- Bestimmung des Ges.-IgE
- Stuhluntersuchung auf Candida, pathogene Keime, Wurmeier und okkultes Blut
- physikalische Testung (Druck, Wärme, Kälte)
- Prick-Testung mit Aeroallergenen, Lebensmittelallergenen
- orale Provokationstestungen
- Suchdiät
- Fokus- und Tumorsuche (u.a. Röntgen-Thorax, abdominelle Sonographie, Helicobacter pylori-Test, Zahn- und HNO-ärztliche Untersuchungen)
- endokrinologisches Screening
- Autoantikörperuntersuchung
Therapeutische Möglichkeiten einer chronischen Urtikaria
Die chronische Urtikaria wird häufig als "multifaktorielles" Geschehen beschrieben. In einer Untersuchung konnte gezeigt werden, dass den bisher diskutierten Triggerfaktoren in Bezug auf die definitive Abheildung der Urtikaria nur eine lediglich untergeordnete Rolle zukommt, dass weder zugrundeliegende Fokalinfekte, noch Intoleranzphänomene oder die Sanierung der Fokalinfekte die Krankheitsdauer der chronischen Urtikaria signifikant beeinflussen. Es stellt sich damit die Frage, ob die Abklärung und Therapie dieser Faktoren weiterhin sinnvoll ist. Der Mechanismus der zumeist spontanen Rückbildung der Erkrankung bleibt jedoch ungeklärt.
- Eliminationsdiät von Latex-kreuzreagierenden Früchten bei Patienten mit Latex-Allergie
- Behandlung einer schweren chronischen Urtikaria mit Cyclosporin A
- Da Patienten mit einer klinisch ausgeprägten Urtikaria oft nicht auf die zugelassenen Dosierungen von Antihistaminika ansprechen, empfehlen akutelle Leitlinien eine Erhöhung bis auf das Vierfache der zugelassenen Tagesdosis.
Therapie von Urtikariasonderformen
- Urticaria factitia
nichtsedierende Antihistaminika, eventuell UVB-Therapie - Kälteurtikaria
wärmende Kleidung tragen, Kältekonditionierung (Hardening) mit kalten Duschen und Bädern sowie Antihistaminika (z.B. Cetirizin) zur Induktion einer Kältetoleranz - Druckurtikaria
konsequente Druckentlastung, ggf. Hochdosierte H1-Rezeptorantagonisten in Kombination mit einem niedrig dosierten Systemsteroid; ingesamt unbefriedigende Therapiemöglichkeiten - Wärmeurtikaria
Expositionsvermeidung (heiße Bäder, Saune, Schwitzen, emotionaler Stress) soweit machbar - Licht-, Sonnenurtikaria
Lichtschutzpräparate mit Wirksamkeit im UVA-Spektrum (z.B. Anthelios XL), Betacaroten-Einnahme, Lichtkonditionierung durch einschleichende UVA-, UVB-Therapie - cholinergische Urtikaria
emotionale Stresssituationen und schweißtreibende Kost (Kaffe, Tee, Alkohol, Gewürze etc) meiden, luftige Kleidung tragen, leichte sportliche Betätigung als Hardening, Antihistaminika mit anticholinergischer Wirkung (z.B. Hydroxyzin) - adrenerge Urtikaria
Vermeidung von Anstrengungen, Stresssituationen (soweit möglich); therapeutisch Einsatz von Beta-Rezeptorenblockern. - aquagene Urtikaria
Hautschutz z.B. mit Vaseline bei Wasserkontakt, Therapieversuche: PUVA-Therapie, (mindestens) einmal täglich Duschen - Urtikariavaskulitis
bioptische Sicherung; Therapie mit Steroiden, DADPS, Chloroquin - hereditäres Angioödem
ACE-Hemmer meiden, C1-Esterase-Inhibitor (Berinert) i.v. im Anfall oder auch prophylaktisch vor Operationen; Dauertherapie mit Anabolika mit androgener Restwirkung z.B. Danazol
Literatur: 21, 27
Nucera et al: Chronic urticaria in latex allergic patients: two case reports. Allergy 58, 1199-1200 (2003)
Toubi et al: Prolonged cyclosporin-A treatment for wevere chronic urticaria. Allergy 58, 535-536 (2003)
Buss et al: Kälteurtikaria: Untersuchung zu ursachen, Therapie und Verlauf: Allergologie 28, 483-390 (2005)
Maurer et al: Urtikaria - gezielte Anamnese und ursachenorientierte Therapie. Dtsch Ärztbl. 107, 458-466 (2008)
Gagg et al: Krankheitsverlauf und Prognose der chronischen Urtikaria - eine retrospektive Kohortenstudie. Allergologie 32 (2009)
STI Urintest sexuell übertragbare Erkrankungen Stressprofil plus Speicheltest Burnout plus Kombitest (Stress & Erschöpfungs Test)
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