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(2.7.2015)

Zytokine 

Medikamentenallergene 

Zytokine, die entweder zur Tumortherapie (insbesondere Interferon-alpha, Interleukin-2) oder zur Therapie Zytostatika-bedingter Knochenmarkdepression (G-CSF, GM-CSF) eingesetzt werden, rufen eine Reihe von Hautreaktionen hervor. Fast obligat treten Lokalreaktionen in Form von Juckreiz und Erythemen auf. Interferone können nekrotische Plaques an der Injektionsstelle hervorrufen. Generalisierte Exantheme, makulopapulös, urtikariell, erythrodermisch und selten pustulös, können durch fast alle Zytokine ausgelöst werden. Zytokine können eine Exazerbation vorbestehender oder latenter Dermatosen induzieren, z.B. eine Psoriasis, eine Dermatomyositis oder einen Lupus erythematodes.

Das kutane Nebenwirkungsprofil von immunstimulierenden Zytokinen, wie Interferon alpha und Interleukin 2, die bereits seit einigen Jahren für die medikamentöse Therapie verschiedener Tumorerkrankungen (insbesondere des Nierenzellkarzinoms, des malignen Melanoms und bestimmter Lymphom- sowie Leukämieentitäten) zugelassen sind, ist gut bekannt. Es umfasst:

  • makulopapulöse Arzneimittelexantheme
  • Xerosis cutis und Pruritus
  • Alopezie
  • Triggerung von entzündlichen Hauterkrankungen (wie Psoriasis oder anderen Autoimmundermatosen)
  • Nekrosen an der Injektionsstelle 

Interferone 

Drei IFN-Typen werden unterschieden: 

  • IFN alpha, das hauptsächlich aus Leukozyten stammt 
  • IFN beta, das von Fibroblasten und epithelialen Zellen gebildet wird 
  • IFN gamma, das von Lymphozyten sezerniert wird 

IFN alpha und IFN beta haben eine ähnliche wachstumshemmende hämatologische Wirkung und werden in der Behandlung hämatologischer und solider Malignome eingesetzt. IFN gamma ist ein potenter Immunmodulator mit Wirkung bei der atopischen Dermatitis, der Lepra und granulomatösen Erkrankungen 

Die häufigen systemischen Nebenwirkungen entsprechen grippalen Symptomen wie Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Myalgien und Nausea. 

Kutane Nebenwirkungen sind bei Patienten mit einem Karzinom oder AIDS nach Gabe von Rekombinanten-Interferon häufig (5-10 %), aber in der Regel nur mäßig ausgeprägt. An den Injektionsstellen treten häufig Rötungen, Indurationen oder urtikarielle Läsionen auf (14-17 %). Bei 33 Patienten, die zur Behandlung von Basaliomen intraläsionale Injektionen eines Depotpräparats von Interferon alpha erhielten, kamen als Nebenwirkungen außer den verschiedenen grippeartigen Allgemeinbeschwerden bei 6 % ein Exanthem, bei 85 % eine lokale Entzündung und bei 22 % ein lokaler Juckreiz vor. Auch lokale Hautnekrosen traten auf. 

Allergische Nebenwirkungen sind dabei jedoch selten zu diagnostizieren, je eine allergische Kontaktdermatitis auf subkutan injiziertes IFN alpha und auf topisch angewandtes IFN beta wurden mittels Epikutantesten nachgewiesen. Eine lokale, bullöse Reaktion mit histopathologischen Aspekten einer allergischen Reaktion vom Spättyp wurde bei IFN alpha beobachtet. INF gamma erhöht die Expression von TNF alpha, IL-1 und Adhäsionsmolekülen und bewirkt Chemotaxis inflammatorischer Zellen, was zu kutanen Symptomen führen könnte. 

Reversible knotige Lokalreaktionen sind bei der s.c.-Interferon beta-Applikation bei der Behandlung der multiplen Sklerose beschrieben. Diese Läsionen besitzen einen urtikariellen Aspekt und ulzerieren gelegentlich. Möglicherweise spielen dabei Gefäßverschlüsse eine rolle, die im Rahmen einer  durch zirkulierende Antikörper gegen IFN beta ausgelösten Immunkomplexvaskulitis auftreten.  

INF alpha und INF gamma können zu einer schweren Exazerbation einer Psoriasis vulgaris oder eines Lichen ruber führen. INF alpha führte zu einer temporären Alopezie. 

”Colony Stimulating Factor” (CSF) 

Rekombinante CSF werden zur Induktion der neutrophilen Granulozyten bei Neutropenien und zur Therapie von Myelodysplasien und Anämien eingesetzt. Sie werden in der Regel gut vertragen, können aber Juckreiz und Rötung an der Stelle einer subkutanen Injektion, eine Thrombophlebitis nach intravenöser Infusion sowie einen Flush des Gesichts und vorübergehende makulo-papulöse Exantheme verursachen. Systemische Nebenwirkungen umfassen Knochenschmerzen, Fieber, Myalgien und Nausea. 

”Granulocyte Macrophage Colony Stimulating Factor” (GM-CSF) 

GM-CSF hat zu verschiedenen lokalen und disseminierten Hautreaktionen geführt. Nach subkutaner Injektion wurden lokale, dolente, urtikarielle und angioödematöse Schwellungen und auch eine pustulöse Reaktion beobachtet. Disseminierte Reaktionen manifestierten sich als makulopapulöse, exfoliative und urtikarielle Exantheme, selten als Purpura und Pustulosis. Relativ häufig führte GM-CSF bei Leukämiepatienten und Patienten mit fortgeschrittenen Malignomen zu einem ausgedehnten konfluierenden makulo-papulösen Exanthem. Die Exantheme klangen nach Absetzen unter Desquamation langsam ab. Neutrophile Dermatosen wie das Sweet-Syndrom wurden bei mehreren Patienten beschrieben, selten wurde ein Pyoderma gangraenosum oder eine leukozytoklastische Vaskulitis beobachtet. In Einzelfällen traten bullöse Dermatosen, ein Erythema multiforme und Exazerbation einer Psoriasis auf. Eine anaphylaktische Reaktion mit positiven Hauttesten auf GM-CSF wurde bei einer Patientin dokumentiert. 

”Granulocyte Colony Stimulating Factor” (G-CSF) 

Auf G-CSF wurden vereinzelt lokale, unter Weiterbehandlung abklingende papulovesikulöse Plaques beobachtet. Disseminierte Exantheme treten nur selten auf, eine leukozytäre Vaskulitis wurde in Einzelfällen beobachtet. Bei wenigen Patienten wurden anaphylaktische Reaktionen, teilweise mit positiven Hauttesten beschrieben. Bei 2 Patienten wurde im Zusammenhang mit einer Medikation mit G-CSF die Auslösung eines Sweet-Syndroms beobachtet, nach Absetzen kam es zu einer vollständigen Abheilung. 

”Macrophage Colony Stimulating Factor” (M-CSF) 

Hautnebenwirkungen treten nur sehr selten auf, während vorübergehende konjunktivale Erytheme bei bis zu 50 % der Behandelten auftreten können. Eine schwere Erythrodermie wurde nach hochdosierter intravenöser M-CSF-Therapie beschrieben. 

Interleukin 2 (IL-2) 

IL-2, ein Glykoprotein von 15 kD, stimuliert T-Zellen, B-Zellen und ”natural killer cells” und verstärkt die Synthese anderer Zytokine wie IFN gamma, TNF alpha, GM-CSF. Deshalb wird es in der Therapie verschiedener Neoplasien eingesetzt. 

Die IL-2-Therapie kann zahlreiche systemische Nebenwirkungen hervorrufen. Bei i.v.-Gabe treten häufiger als bei s.c.-Applikation von IL-2 dosisabhängig grippeähnliche Allgemeinbeschwerden wie Fieber, Schüttelfrost, Arthralgien, Myalgien und Cephalgien auf, wie sie auch nach Gabe von Interferon zu beobachten sind. Zu den spezifischen IL-2 Nebenwirkungen zählen Hypotonie, Oligurie, Anämie, Herzrhythmusstörungen sowie das sog. Capillary-leak-Syndrom. 

An der Haut können häufig bereits nach den ersten IL-2-Infusionen bzw. s.c.-Gaben dosisunabhängig generalisierter Pruritus, erythematosquamöse Exantheme, Erythema multiforme oder Angioödeme auftreten. Seltener sind Gesichtserytheme, Gesichts-, Hand- und Fußödeme, petechiale Purpura vorwiegend an den Beinen, Glossitis, Mundschleimhauterosionen, disseminierte urtikarielle Papeln, Blasenbildung, schmerzhafte Hautnekrosen oder Erythema nodosum. 

IL-2 induziert praktisch obligat bei allen Behandelten generalisierte brennende oder juckende Erytheme, gefolgt von Infiltration und Schuppung, seltener auch Schleimhautsymptome wie Glossitis und Mukositis. Sehr selten treten schwere Verläufe mit Erythrodermie und bullösen Hautveränderungen auf. Eine Patientin erlitt eine rezidivierende Urtikaria nach IL-2-Infusion, ein weiterer Patient mit einem idiopathischen, chronisch-rezidivierenden Angioödem erlitt zwei Schübe nach IL-2-Infusion. Der Pathomechanismus konnte nicht geklärt werden, Aktivierung des Komplementsystems wurde diskutiert. 

Nach Proleukin- und IFN alpha-Gabe  wurden 14 Tage nach  erstmaliger s.c.-Applikation entzündliche, schmerzhafte, juckende Knoten mit zentraler Bläschenbildung beschrieben. Diese waren nach Absetzen binnen 3 Wochen rückläufig. Histologisch zeigten sich Veränderungen wie beim fixen arzneimittelexanthem. Bei Reapplikation kam es innerhalb von 2 Tagen zum prompten Wiederauftreten der Knoten an den Injektionsstellen, was für ein allergischen Geschehen spricht. 

Auch ein Fallbericht mit persistierenden subkutanen Knotenbildung mit nach s.c.-Injektion von Proleukin mit  lymphomartiger Histologie wurde beschrieben.  

Bei den Lokalreaktionen nach s.c.-Injektion handelt es sich jedoch zumeist um nicht bedrohliche Arzneimittelnebenwirkungen, so dass auf Grund der gering ausgeprägten Beschwerdesymptomatik weder eine Dosisreduktion noch ein Therapieabbruch notwendig wird. Die Injektionen sollten jedoch an wechselnden Körperstellen durchgeführt werden. 

Bei Patienten, die IL-2 erhalten hatten, traten anschließend, gehäuft innerhalb der ersten 2 Wochen, Reaktionen auf Röntgenkontrastmittel auf. Die Symptome traten mit einer Latenz von mehreren Stunden mit gastrointestinalen Beschwerden, Fieber, Schüttelfrost und Exanthemen. Sofortreaktionen (Latenz bis zu einer Stunde) wurden dagegen nicht gehäuft beobachtet. 

IL-2 kann zu einer schweren Exazerbation einer Psoriasis vulgaris oder eines Lichen ruber führen 

Andere Interleukine 

Andere Interleukine, die als hämatopoetische Wachstumsfaktoren eingesetzt werden, führen selten zu Hautnebenwirkungen. IL-1 kann lokale, dolente Erytheme an der Injektionsstelle auslösen. Unter IL-3-Therapie wurden selten exanthematische und urtikarielle Exantheme beobachtet. Auf IL-4 wurde das Auftreten einer histologische verifizierten transienten akantholytischen Dermatose bei 3 Patienten beschrieben. 

Andere Zytokine 

”Tumor necrosis factor alpha” (TNF alpha) und Erythropoetin können lokale Reaktionen an der Injektionsstelle auslösen. Die Möglichkeit subkutaner oder intramuskulärer Injektionen von TNF alpha bei fortgeschrittenen Malignomen wird durch dabei durch die Entwicklung von lokalen Schmerzen, Erythemen und Schwellungen und das Auftreten begrenzt. TNF alpha kann zu Erythrodermien und in einzelnen Fällen zu Exazerbation von Vaskulitiden führen. 

Literatur: 7, 8, 9, 12, 457, 486

Gutzmer et al: Kutane Nebenwirkungen von neuen medikamentösen Tumortherapien: Klinik und Management. Dtsch Arztebl Int 109, 133-140 (2012)

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