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(13.7.2015)
Meeresfrüchte
Typ I-Nahrungsmittelallergene, (potenzielle) Typ IV-Kontaktallergene
Vorkommen und Beschreibung
Als Meeresfrüchte bezeichnet man in der Regel alle essbaren Meerestiere, die keine Wirbeltiere (Fische oder Wale) sind. Typische Meeresfrüchte sind Muscheln und Wasserschnecken, Tintenfische, Garnelen, Krabben, Langusten und Hummer. Meeresfrüchte können Fang- oder Zuchtprodukte sein. Der Verzehr von Schalentieren steigt in Deutschland in den letzten Jahren stetig an, auch wenn er wie beim Fisch einem typischen Nord-Süd Gefälle unterliegt.
Schalentiere oder Schaltiere ist eine veraltete Bezeichnung für Schalenweichtiere, einem Unterstamm der Weichtiere. In der Küchensprache hat sich der Begriff jedoch erhalten. Dort werden vor allem essbare Muscheln und wasserlebende Schnecken darunter verstanden, gelegentlich auch die zu den Stachhäutern zählenden Seeigel und Krebs-/Krustentiere wie Hummer usw. Küchensprachlich nicht zu den Schalentieren gezählt werden Kopffüßer wie Tintenfisch eoder Kalmare, obwohl sie biologisch zum Stamm der Schalenweichtiere gehören.
Der Begriff Meeresfrüchte ist enger gefasst als das englische "seafood": Zum Seafood zählen alle essbaren Tiere aus dem Meer, also auch Fische und Wale.
Krebstiere
Krebstiere zählen zusammen mit einigen Arten der Mollusken zu den Meeresfrüchten oder Schalentieren. Die wichtigsten Vertreter gehören bei unseren Essgewohnheiten zu den Arthropoden:
Mollusken
Die Weichtiere (Mollusca) oder Mollusken bilden einen arten- und formenreichen Tierstamm innerhalb der Gewebetiere (Eumetazoa) und kommen im Meer, auf dem Festland und im Süßwasser vor. Insbesondere die Schale ist ein bedeutsames Merkmal fast aller Mollusken, wobei aber die primär einteilige Schale mit dem typischen dreischichtigen Aufbau nur bei den Schalenweichtieren (Conchifera) auftritt, mit den folgenden drei relevante Klassen:
- Gastropodae: Schnecken (siehe auch dort), Seeohr (Abalone)
- Bivalvia: Venusmuschel, Miesmuschel, Austern, Kammuschel, Messermuschel
- Cephalopodae: Tintenfisch, Kalmare, Meeresschnecken
Verwendung als kosmetische Inhaltsstoffe
Conchiorin powder (INCI). Pulver, das aus den Schalen perlenbildender Austern gebildet wird. Funktion: abrasivHydrolyzed conchiorin protein (INCI). Hydrolisierte Proteinhydrolisate, Conchiorin. Funktion: hautplfegend, haarkonditionierend
Crustacea extract (INCI). Extrakt aus der Hämolymphe von Krustazeen. Funktion: hautpflegend
Mytilus extract (INCI). Extrakt aus der Miesmuschel. Funktion: hautplfegend
Ostrea shell extract (INCI). Extrakt aus Austernschalen. Funktion: abrasiv, hautpflegend
Ostrea shell powder (INCI). Pulver aus Austernschalen. Funktion: abrasiv
Allergologische Relevanz
Meeresfrüchte gehören zu den eher seltenen Nahrungsmittelallergenen. Eine höhere Prävalenz der Reaktivität gegen Meeresfrüchte generell oder gegen einzelne Arten ist in Populationen zu erwarten, wo diese Nahrungsmittel gewöhnlich verzehrt werden. So sind Menschen die in Küstenregionen leben am häufigsten betroffen. So zählen die Meeresfrüchte auf den Kanarischen Inseln an erster Stelle unter den Auslösern einer Nahrungsmittelallergie; in der gesamten spanischen Literatur werden die Meeresfrüchte als zu den häufigsten Ursachen einer Nahrungsmittelallergie aufgeführt. Der berufsbedingte Kontakt führt häufiger zur Ausbildung von Asthma, Kontaktekzemen oder Nahrungsmittelallergien als in anderen Bevölkerungsschichten. Wie die Allergene von Fischen besitzen auch diejenigen der Meeresfrüchte zum Teil starke allergene Potenz.
Neben IgE-vermittelten Reaktionen sind auch nicht immunologische Reaktionen (z.B. durch Toxine ausgelöst) möglich. Vergiftungserscheinungen durch Meeresfrüchte, einschließlich Reaktionen gegen natürliche Toxine, maskieren häufig eine allergische Reaktion. Nahrungsaufnahme von kontaminierten Meeresfrüchten resultiert dann in vielfältigen Symptomen, abhängig vom jeweiligen Toxin, dessen Konzentration und die Menge des aufgenommenen Produktes. Fünf Typen von Meeresfrüchten-Vergiftungen sind bisher bekannt: paralytische, neurotoxische, diarrhoische, amnestische sowie durch das Nervengift Azaspiracid verursachte:
- diarrhoische Meeresfrüchte-Vergiftung: geht gewöhnlich mit leichteren Magen-Darm-Bescherden einher (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Magenschmerzen, begleitet von Fieber, Frösteln und Kopfschmerzen). Gewöhnlich verursacht durch: Muscheln und Austern.
- paralytische Meeresfrüchte-Vergiftung: geht überweigend mit neurologischen Symptomen einher; Kribbeln und Brennen, Benommenheit, Schläfrigkeit, verwaschene Sprache und Atemlähung können auftreten, auch Todesfälle werden beobachtet. Gewöhnlich verursacht durch Muscheln
- neurotoxische Meeresfrüchte-Vergiftung: geht sowohl mit Magen-Darm-Beschwerden als auch neurologischen Symptomaten einher. Überlicherweise verursacht durch Meeresfrüchte aus dem Bereich der Küste von Florida
- amnesitsche Meeresfrüchte-Vergiftung: ist charakterisiert durch eine Magen-Darm-Symptomatik und neurologischen Problemen. Gewöhnlich verursacht durch Muscheln.
Die häufigsten mit den Meeresfrüchten-assoziierten Erkrankungen sind jedoch infektiöser Genese (bakteriell oder viral), insbesondere der Norwalk-Virus verursacht die meisten Fälle von Gastroenteritis.
Bei der Verarbeitung werden vor allem kutane Kontaktreaktionen (Urtikaria, Ekzeme) beobachtet. Das Spektrum berufsbedingter Allergien reicht jedoch von diesen Hautveränderungen über die Rhinitis bis zum Asthma bronchiale; die Sensibilisierungsrate ist sehr hoch.
Krebstiere (Krustazeen)
Krebstiere sind vorwiegend aquatische Arthropoden, die ein chitines Exoskelett besitzen. Krebstiere sind durchaus bedeutsame Allergenquellen. Nahrungsmittelallergien treten unter Berücksichtung des im Vergleich zu anderen Nahrungsmitteln eher geringen Verzehrs, relativ häufig aus (5,2 % bei 10). Klinische Beobachtungen sprechen dafür, dass Allergien vor allem dort zu beobachten sind, wo Krebstiere verbreitet bzw. reichlich gegessen werden - vor allem in Küstenregionen. Unter den mehr als 80.000 Vertretern der Krustazeen haben vor allem die oben Genannten klinische Bedeutung. Hochgradige Sensibilisierungen sind nicht selten; so können bereits durch 1 -2 g Garnelen lebensbedrohliche Reaktionen ausgelöst werden. Die Allergieauslöser in Krebstieren sind sehr „aggressiv“. Schon geringste Mengen oder das Einatmen der Kochdämpfe können bei Allergikern Beschwerden auslösen. Allergien auf Krebstiere treten bevorzugt im Erwachsenenalter auf und bleiben meist lebenslang bestehen. Neben Nahrungsmittelallergien sind berufsbedingte Allergien nicht selten.
Bei oraler Zufuhr stehen Hauterscheinungen (Urtikaria, Quincke-Ödem) im Vordergrund, gefolgt von gastrointestinalen Beschwerden, respiratorischen Symptomen und Kreislaufreaktionen. Relativ häufig (ca. 1/3) wird ein orales Allergiesyndrom beobachtet – isoliert oder als Vorläufer einer generalisierten Reaktion.
Die Krustazeen (Garnelen, Krabben, Hummer, Langusten sowie Fluss- oder Taschenkrebse) stellen durch den zunehmenden Genuss eine bedeutsame Allergen-Quelle dar und können bei hochgradiger Sensibilisierung bedrohliche Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen. Zahlreiche Major-Allergene sind mittlerweile identifiziert worden(Garnele: Met e 1 [14] und Pen a 1, Hummer:Hom a 1, Krebs: Cha f 1. Sie entsprechen dem Tropomyosin, einem wichtigen Muskelstrukturprotein sämtlicher Arthropoden und anderer Tiere. Aufgrund seiner Homologie werden zwischen den unterschiedlichen Arten (Garnelen, Krabben, Langusten und Hummer) häufig kreuzreaktive IgE-Antikörper nachgewiesen [12], deren klinische Bedeutsamkeit unklar ist. Allerdings sind auch Spezies-spezifische Sensibilisierungen mit isolierten Reaktionen auf eine bestimmte Garnelenoder Krustazeenart möglich.
Die enge Verwandtschaft der Krustazeen spiegelt sich in partiellen klinischen Kreuzreaktionen wieder. Mit der Identifizierung der Garnelenallergene und deren Vorkommen auch bei anderen Krustentieren kann aus die klinische Kreuzreaktivität unter den Krusten- und Schalentieren erklären, z.B. können Patienten mit einer Garnelenallergie auch eine Allergie auf Langusten, Hummer und Krabben entwickeln, ohne diese vorher verzehrt zu haben.
Kreuzallergien können zwischen Krebstieren und Austern (Mollusken) auftreten, für diese wird ebenfalls 38 kD-Tropomyosin verantwortlich gemacht. Dem entspricht die serologische Kreuzreaktivität z.T. bis zu Heuschrecken, Schaben und Fruchtfliegen, Hinweise auf eine klinische Relevanz finden sich jedoch nicht.
Das Tropomyosin der Krebstiere zeigt eine ausgeprägte Homologie zu verschiedenen Isoformen von Hausstaubmilben und Schnecken. Zum "Milben-Krustazeen-Mollusken-Syndrom" bzw. "Milben-Schalentier-Syndrom" siehe unter "Hausstaubmilben". Auch für die Kreuzreaktivität zwischen Hausstaubmilben, Küchenschaben und Garnelen ist das Tropomyosin verantwortlich.
Das Tropomyosin scheint auch für die Kreuzreaktivität zwischen Garnelen und Muscheln verantwortlich zu sein. So wurde in einer Untersuchung ein zwischen Garnelen und Muscheln kreuzreagierendes 35 bis 39 kDa hitze-stabiles Allergen gefunden.
Fisch wird in der Regel gut vertragen, es sei denn, es liegt eine gleichzeitige Fischallergie vor.
Garnele/Krabbe/Shrimp
Garnelen sind als die häufigsten Auslöser einer allergischen Reaktion gegen Meeresfrüchte bekannt, so können sie Auslöser anaphylaktischer Reaktionen sein. Das klinische Spektrum reicht von generalisierter Urtikaria (überwiegend) über gastrointestinale, respiratorische Symptome bis zu unspezifischem Pruritus und oralem Allergiesyndrom. Daneben sind Kontakturtikariafälle bei Berühren bzw. manueller Verarbeitung von rohen Garnelen beschrieben worden. Auch das Auftreten eines berufsbedingten Asthma bronchiales wurde beobachtet.
Entenmuschel (siehe dort)
Taschenkrebs
Bei den Taschenkrebsen wurde ein 34 kDa-Protein, bezeichnet als Cha f1, als erstes Major-Allergen gefunden. Es handelt sich dabei um das Taschenkrebs-Tropomyosin.
Hummer
Als Hummer-Allergene wurden Pan s1 und Hom a1 gefunden, jeweils Tropomyosine, die eine große Übereinstimmung mit dem Garnelen-Tropomyosin zeigten.
Weichtiere (Mollusken)
Nahrungsmittelallergien gegen Molluscae treten selten auf (lediglich 6 Fälle bei 10 und 11). Die allergologisch bedeutsamsten Spezies sind Tintenfische und Schnecken. Ihre Allergenität ist geringer als die der Krebstiere. Obwohl in Japan 1,7 kg Tintenfisch pro Kopf und Jahr verzehrt werden, sind Allergien ausgesprochen selten. Dennoch können sogar anaphylaktische Reaktionen auftreten. In Tintenfischen (Todarodes pacificus) wurde ein 38 kDa-Tropomyosin als Hauptallergen identifiziert (Tod p1), es zeigt Kreuzreaktivität zu dem Garnelen-Antigen Pen o1.
Ein Hauptallergen der meisten Weichtiere ist das reichlich vorkommende Muskelprotein Tropomyosin, das in mehreren Weichtierarten gut charaktisiert wurde. Tropomyosin ist ein Allergen, das auch in Krebstieren, Staubmilben sowie Schaben und anderen Insekten gefunden wurde. Die in Weichtieren und verschiedenen Krebstieren charakterisierten Tropomyosine zeigen Ähnlichkeiten, aber auch wesentliche Unterschiede in ihren Allergenstrukturen. Die Allergene in Austern (Cra g1), Seeohr/Abalone (Hal m1) und Tintenfisch (Tod p1) wurden als Tropomyosine identifiziert. Auf Grund der Kreuzreaktivität der Tropomyosine der verschiendenen Weichtiere sollten bei Vorliegen einer Allergie deshalb auch alle Weichtier-Arten gemieden werden. Kreuzreaktionen zu den ähnlichen Tropomyosinen der Krebstiere können ebenfalls auftreten, doch diese Reaktivität ist noch nicht abschließend geklärt.
Es gibt Hinweise dafür, dass Weichtiere neben Tropomyosin eine Reihe weiterer Allergene enthalten, die jedoch ungenügend charakterisiert sind. Es gibt Berichte über eine serologische und klinische Kreuzreaktivität zwischen Weichtierarten sowie zwischen Weichtieren und Krebstieren sowie Hausstaubmilben. Weichtierallergene kreuzreagieren nicht mit Fischallergenen. Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass Patienten, die auf Fisch reagieren, der von dem Parasiten Anisakis befallen ist, aufgrund einer Kreuzreaktivität auch auf Weichtiere reagieren könnten.
Die Allergenität von Weichtieren wird durch die Lebensmittelverarbeitung nicht zuverlässig verringert. Die Allergenität von Tropomyosin ist hitzeresistent. Die Allergenität einiger anderer Weichtierallergene scheint zwar durch eine Hitzebehandlung beseitigt zu werden, doch es liegen auch Berichte über eine erhöhte Allergenität nach dem Erhitzen vor. Es gibt nur wenige Informationen über die niedrigste Dosis von Weichtierallergen, die eine klinische Reaktion auslösen kann. In einer doppelblinden, placebokontrollierten Nahrungsmittelprovokationsstudie mit getrockneten Schnecken wurden Reaktionen im Bereich von wenigen hundert Milligramm beobachtet.
Bei den Muscheln kann das "Azaspiracid poisoning" - eine Vergiftung mit dem Nervengift Azaspiracid - mit der Symptomatik Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe und Schüttelfrost eine allergische Reaktion immitieren. Dafür verantwortlich sind nicht die Tiere selbst, sondern es ist das Phytoplankton, kleine Einzeller, die von Meerestieren wie der in europäischen Gewässern kultivierten Miesmuschel Mytilus edulis aus dem Wasser filtriert werden. Die Einzeller produzieren eine Vielzahl hoch wirksamer Gifte zur Selbstverteidigung, so genannte Algentoxine, die sich innerhalb weniger Wochen im Fleisch der Muscheln anreichern. Vor allem im Sommer, bei Nährstoffüberschuss und hohen Temperaturen, kommt es in vielen Küstenregionen zu einer Massenentwicklung der Mikroalgen.
Etwas häufiger scheinen allergische Reaktionen auf Schnecken zu sein (siehe dort).
Allergologische Diagnostik
Prick, i.c. (Al.: Garnele, Languste, Miesmuschel), RAST (Ph.: Krebs, Flusskrebs, Hummer, Languste, Miesmuschel, Jakobsmuschel, Tintenfisch, Oktopus, Garnele, Venusmuschel, Auster)
Literatur: 1, 2, 294
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http://www. allergyclinic.co.nu/guides/63.html
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