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Anaphylaxie
Epidemiologie
Die häufigsten Auslöser schwerer anaphylaktischer Reaktionen sind Arzneimittel, Insektengifte und Nahrungsmittel.Nahrungsmittel sind die häufigsten Auslöser einer Anaphylaxie im Kindesalter in Deutschland. Insektengifte sowie Medikamente stehen an erster Stelle der Auslöser bei Erwachsenen.Pathophysiologie
Die Symptome anaphylaktischer Reaktionen werden verursacht durch die Freisetzung verschiedener Mediatoren (z.B. Histamin, Prostaglandine, Leukotriene, Tryptase, plättchenaktivierender Faktor, Zytokine, Chemokine) aus Mastzellen und basophilen Granulozyten, deren Bedeutung im Einzelnen nicht einheitlich beurteilt wird. Ursächlich liegt der Anaphylaxie meist eine immunologische Reaktion – am häufigsten als Immunglobulin-E-vermittelte Allergie – zugrunde.
Daneben gibt es eine Vielzahl anaphylaktischer Reaktionen, bei denen keine immunologische Sensibilisierung fassbar ist. Diese Reaktionen werden als „pseudoallergische Reaktionen“ [20] oder neuerdings als „nichtallergische Anaphylaxie“ bezeichnet [1]. Die Mechanismen dieser nichtallergischen Anaphylaxie umfassen eine G-Protein-vermittelte, direkte Freisetzung vasoaktiver Mediatorsubstanzen, eine direkte Aktivierung des Komplementsystems, Interaktionen mit dem Kallikrein-Kinin-System, Interaktionen mit dem Arachidonsäurestoffwechsel sowie psychoneurogene Reflexmechanismen. Der Kenntnisstand über die Pathophysiologie dieser Reaktionen ist wesentlich geringer als bei der allergischen Anaphylaxie.
Eine vorausgegangene Einnahme von β-Adrenozeptorantagonisten und ACE-Hemmern (ACE: angiotensinkonvertierendes Enzym) kann zu einer Verstärkung der anaphylaktischen Symptome führen [24]. Bei β-Adrenozeptorantagonisten spielen die Blockade der kardiostimulatorischen ebenso wie eine mastzellstabilisierende Wirkung von Adrenalin eine Rolle, und bei den ACE-Hemmern ein verminderter Bradykininabbau mit daraus resultierender ausgeprägter Vasodilatation. Auch nach Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) kann es durch eine vermehrte Leukotrienbildung und durch Erleichterung der Absorption oral zugeführter Allergene zu verstärkten anaphylaktischen Reaktionen kommen.
Klinische Symptomatik
Anaphylaktische Reaktionen manifestieren sich im Wesentlichen an Haut, Atemwegen, Gastrointestinaltrakt und kardiovaskulärem System.Die Symptomatik setzt meist akut ein und kann sehr rasch fortschreiten. So kann es innerhalb von Minuten zu einer Verstärkung der Symptome bis hin zum Tod kommen. Die Reaktion kann jedoch auch auf jeder Stufe spontan zum Stillstand kommen und im Verlauf rückläufig sein. Die Symptome können in unterschiedlicher Weise gleichzeitig oder nacheinander auftreten. Es kann primär zu Kreislaufreaktionen kommen, ohne dass zuvor kutane oder pulmonale Reaktionen auftreten. Gelegentlich kommt es nach erfolgreicher Therapie zu protrahierten oder biphasischen Verläufen mit erneuter Symptomatik meist nach sechs bis 24 Stunden. Neben einer akut einsetzenden Symptomatik und biphasischen Verläufen gibt es auch primär verzögert einsetzende anaphylaktische Reaktionen, bei denen die Symptomatik erst Stunden nach der Exposition beginnt.Zu Beginn einer Anaphylaxie können sich im Sinn von Prodromalsymptomen leichtere Beschwerden bemerkbar machen, wie Juckreiz bzw. Brennen an Handinnenflächen und Fußsohlen oder im Genitalbereich, metallischer Geschmack, Angstgefühle, Kopfschmerzen oder Desorientierung. Diese Beschwerden können junge Kinder nicht spezifisch zum Ausdruck bringen. Bei ihnen treten häufig als Initialsymptome noch vor Eintritt objektiver Beschwerden Unruhe oder Rückzugsverhalten auf.
An Haut und Schleimhäuten zeigen sich Juckreiz, Erythem („flush“), sowie Urtikaria und Angio-(Quincke-)Ödem auch an Hautarealen, die keinen direkten Kontakt mit dem Auslöser hatten (systemische Ausbreitung). Die Haut ist bei der Anaphylaxie am häufigsten betroffen.
An den oberen Atemwegen beschreiben die Patienten oft als Frühzeichen ein Brennen, Kribbeln oder Juckreiz der Zunge oder am Gaumen. Im Oropharynx kann eine Schwellung der Uvula und der Zunge beobachtet werden. Klinische Zeichen sind eine kloßige Sprache, Schluckbeschwerden mit Speicheln oder ein inspiratorischer Stridor. Die mögliche Folge eines Larynxödems kann eine innerhalb kürzester Zeit entstehende Verlegung der Atemwege mit lebensbedrohlicher Hypoxie sein.
An der Lunge kann es besonders bei Patienten mit Asthma zur Bronchokonstriktion mit Entwicklung von Dyspnoe kommen. Klinische Zeichen sind Giemen, verlängertes Exspirium und Tachydyspnoe. Die bronchiale Obstruktion ist besonders bei Kindern und Jugendlichen das führende Symptom bei lebensbedrohlichen Reaktionen. Hierbei korreliert der Grad des Asthmas direkt mit dem Schweregrad der anaphylaktischen Reaktion. In unterschiedlichem Ausmaß kann auch eine Vasokonstriktion mit zum Teil extremer Erhöhung des pulmonalen vaskulären Widerstands entstehen, bis hin zu Atemstillstand und Reanimationspflicht. Als Folge der Permeabilitätsstörung kann ein Lungenödem auftreten.Die gastrointestinalen Symptome umfassen teils krampfartige Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö. Darüber hinaus kann es zu verstärkter Darmmotorik mit Meteorismus und Stuhldrang bis hin zur unwillkürlichen Defäkation kommen. Weitere abdominale Symptome können als Harndrang und Miktion sowie Uteruskrämpfe auftreten. Bei Kindern sind milde orale Symptome oder periorale Rötungen mit Erbrechen als ausschließliche Symptome einer nahrungsmittelinduzierten Anaphylaxie möglich.
Infolge der Vasodilatation und Permeabilitätsstörung kommt es zu Flüssigkeitsverlust ins Gewebe und zu einer Hämokonzentration und Hypovolämie, gefolgt von arterieller Hypotension und Tachykardie. Direkte kardiale Symptome wie Arrhythmie oder Bradykardie sind möglich.
Zentralnervöse Symptome sind Unruhe oder Rückzugsverhalten, Kopfschmerzen, zerebrale Krämpfe, Bewusstseinseinschränkung und Bewusstlosigkeit. Bei Kindern wird häufig eine Verhaltensveränderung beobachtet. Sie äußert sich in Ängstlichkeit oder teilweise auch Aggressivität. Ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene können ein „Gefühl drohenden Unheils“ erleben.
Ursachen eines tödlichen Verlaufs einer Anaphylaxie sind insbesondere Atemwegsobstruktion und/oder kardiovaskuläres Versagen, entweder direkt am Herz oder als Folge der Mikrozirkulationsstörung mit Schock. Selten findet man disseminierte intravaskuläre Gerinnung oder AdrenalinüberdosierungAllergene und Auslöser
Der Kontakt zum Anaphylaxieauslöser entsteht am häufigsten durch orale oder parenterale/hämatogene Zufuhr. Selten kann auch aerogen oder über die Applikation auf der Hautoberfläche bei stark Sensibilisierten bereits eine Anaphylaxie ausgelöst werden.Anaphylaktische Symptome können auch abhängig von einer Kombination verschiedener Faktoren auftreten, z.B. Allergenexposition zusammen mit physischer Anstrengung („exercise-induced anaphylaxis“), Alkohol, mentalem oder emotionalem Stress, akutem Infekt oder gleichzeitiger Exposition gegen andere Allergene sowie Anwendung von anaphylaxiefördernden Medikamenten. Dieses Phänomen wird als „Augmentation“ oder „Summation“ bezeichnet. Eine häufiger vorkommende Form ist die nahrungsallergeninduzierte anstrengungsgetriggerte Anaphylaxie („food-dependent exercise-induced anaphylaxis“, FDEIA), die am häufigsten durch Weizenmehl ausgelöst wird
Risikofaktoren für das Auftreten einer schweren Anaphylaxie sind ein hohes Lebensalter, schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bestehendes und insbesondere schlecht eingestelltes Asthma bronchiale, die Einnahme von Medikamenten, die eine Mastzellaktivierung bzw. Leukotrienbildung fördern (z.B. NSAR) und eine Mastozytose. Für die Insektengiftallergie angegeben sind zudem die Einnahme von beta-Adrenozeptorantagonisten und ACE-Hemmern, körperliche und psychische Belastungen sowie eine erhöhte basale Serumtryptase.
Literatur
Ring et al: Leitlinie zu Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. Allergo J Int 23, 96-112 (2014)
Stressprofil Speicheltest Cortisol Awakening Response (CAR) Speicheltest Burnout plus Kombitest (Stress & Erschöpfungs Test) Herzgesundheits-Test
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