Suchbegriffe zu diesem Artikel: Laktoseintoleranz
Laktoseintoleranz
Das Disaccharid Laktose (Milchzucker) wird in der Dünndarmmukosa (Bürstensaum, Lysosomen) durch das Enzym Laktase in die Monozucker D-Glukose und D-Galaktose gespalten und anschließend resorbiert.
Bei Laktoseunverträglichkeit werden unterschieden:
- 1. primärer (angeborener) Laktasemangel)
Der primäre Laktasemangel führt bereits im Säuglinsalter bei der Aufnahme von Milch zu abdominellen Beschwerden. - 2. erworbener Laktasemangel
Im Erwachsenenalter kann sich bei bis dahin normaler Milchzuckerverträglichkeit ein Laktasemangel einstellen. Als Ursache wird u.a. eine Schädigung der Mukosa durch Virusinfekt diskutiert. Weiterhin ein erworbener Laktasemangel beobachtet werden bei Zöliakie, tropischer Sprue, intestinalen Lymphomen, infektiösen Diarrhöen, ein erworbener Mangel an Disaccharidasen durch Medikamente oder eine Malabsorption ohne Laktasemangel im Zusammenhang mit zahlreichen anderen gastroenterologischen Erkrankungen, z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, irritablem Kolon oder postoperativen Zuständen, z.B. Magenresektion. - 3. sekundärer Laktasemangel (verzögert einsetzender Laktasemangel)
Beim verzögert einsetzenden Laktasemangel handelt es sich um einen Aktivitätsverlust der Laktase in der Dünndarmschleimhaut von Säuglingen nach dem Abstillen. Hierbei sinkt die Laktaseaktivität, die zur Zeit des Stillens ihre höchste Aktivität hat, im Normalfall bis zum 4. bis 6. Lebensjahr, gelegentlich auch erst im Erwachsenenalter auf ein sehr niedriges Niveau ab. Grundlage für diesen autosomal-rezessiv vererbten Aktivitätsverlust ist die Herunterregulierung der Transskription des Laktasegens. So findet man einen verzögert einsetzenden Laktasemangel in Nordeuropa bei ca. 5-15 % gesunder Erwachsener, in Deutschland bei 16 %, in Italien und der Türkei und in der schwarzen Bevölkerung Nordamerikas aber bereits bei bis zu 70 %, in Afrika und Asien zwischen 60 und 100 % der erwachsenen Bevölkerung.
Wird die Laktose im Dünndarm nicht oder nur zu einem geringen Teil aufgespalten und gelangt dann in untere Darmbereich, verursacht sie einen erhöhten osmotischen Druck, was einen Wassereinstrom in das Darmlumen zur Folge hat. Danach baut die Dickdarmflora den Milchzucker ab, wobei neben kurzkettigen organischen Fettsäuren auch Kohlendioxid, Methan und Wasserstoff gebildet werden. Bei den Betroffenen kann die Laktosebelastung zu Blähungen, Bauchkrämpfen, Völlegefühl und Durchfall führen. Die genannten Symptome werden nicht selten zunächst als ”Nahrungsmittelallergie” fehlbewertet.
Diagnostik
Bei Patienten mit anamnestischem Verdacht auf Nahrungsmittelallergie und abdominellen Beschwerden sollte daher regelmäßig das Vorliegen einer Laktoseintoleranz ausgeschlossen werden. Dies kann neben dem H2-Atemtest (Laktosetoleranztest) mit dem Laktose-Belastungstest erfolgen. Dabei erhält der Patient 50 g Laktose in 400 mg Wasser. Unmittelbar vor sowie 30, 60, 90 und 120 Minuten nach oraler Einnahme der Laktose wird die Glukosekonzentration im Blut bestimmt. Der Laktosetoleranztest ist als pathologisch zu bewerten, wenn die Glukosekonzentration im venösen Blut innerhalb von 2 Stunden nach Testbeginn um weniger als 25 mg/dl ansteigt und im Verlauf von 8 Stunden nach Testbeginn Blähungen, Bauchkrämpfe oder Durchfall auftreten.
Daneben bringt auch eine Laktosefreie-Eliminationsdiät, bei der auf sämtliche Milchzuckerquellen in der Nahrung für 2 Wochen verzichtet werden sollte, weitere diagnostische Informationen.
Therapie
Für die Ernährungsempfehlungen ist das Ausmaß der Laktoseunverträglichkeit entscheiden. Bei eingeschränktem Laktasemangel können bis zu 100 ml Milch pro Tag verträglich sein. Empfindliche Personen müssen dagegen ganz auf Milch und aus Milch zubereitete Lebensmittel verzichten. Nicht nachträglich erhitzte Sauermilchprodukte wie Joghurt werden jedoch häufig vertragen, da die Milchsäurebakterien in unterschiedlichem Maße beta-Galactosidase freisetzen, die den Milchzucker noch im Dünndarm abbaut.
Beachtet werden muss zudem, dass etwas 80 % der Patienten mit Laktoseunverträglichkeit auch an einer Fruktosemalabsorption leiden (siehe unter “Fruktoseintoleranz”).
Lebensmittelauswahl bei Laktoseunverträglichkeit |
|
nicht geeignet bzw. |
geeignet |
Milch/Milchprodukte |
|
|
Käse (reifer; harter, halbharter, bzw. alter und mittelalter Käse ist zumeist Laktose-frei. Weich- bzw. Frischkäsesorten dagegen, mit einer kürzeren Reifungsdauer, besitzen einen höheren Laktose-Gehalt) |
Feinkost |
|
Hier muss auf die Zutatenliste geachtet werden, da diese Produkte sehr oft Milchzucker enthalten. Sie sind dann nicht geeignet. |
|
Getreide/Getreideprodukte/Kartoffeln |
|
|
|
Süßwaren |
|
|
|
Desserts/Brotaufstriche |
|
|
|
Fertigprodukte |
|
|
Gemüse u. Obstkonserven ohne weitere Zusätze enthalten keinen Milchzucker |
Getränke |
|
|
alle Getränke ohne Milch u. Milchproduktzusätze |
Eine umfangreichere Auflistung Laktose-haltiger Nahrungsmittel und ein Verzeichnis Laktose-freier Produkte und ihrer Herstellung findet sich in der Patientenbroschüre: T. Schleip: Laktose-Intoleranz (Verlagsgruppe Lübbe)
Versorgung mit krischen Nährstoffen
Bei einer Laktose-freien Diät muss unbedingt auf eine ausreichende Kalziumzufuhr geachtet werden (z.B. über pflanzliche Nahrungsmittel, Mineralwasser oder ggf. Einnahme von Kalziumpräparaten). Siehe hierzu auch unter “Nahrungsmittelunverträglichkeit”: alternative Nährstoffe bei Allergenkarenzdiäten.
Laktase-Präparate
Versuchsweise kann auch die Einnahme von sogenannten Enzym Ersatzpräparaten, die aus Hefen und Pilzen gewonnen werden (z.B. Laluk, Kerutabs, Laktrase, Lactofit-Lactase, Kerulac-Tropfen oder Lactase-Plus) eingesetzt werden. Damit können die Beschwerden zwar nicht vollständig beseitigt, zumindest jedoch gebessert werden.
Literatur: 22, 251
Gesundheitscheck Darm Stuhltest Gesundheitscheck Darm Plus (Zonulin) Stuhltest Burnout plus Kombitest (Stress & Erschöpfungs Test)
Vorankündigung:
Dr. Irion kündigt publizistische Neuauflage seines allergologischen Werkes für das Frühjahr 2016 an. Lesen Sie mehr
Profitieren Sie von den Kenntnissen und Erfahrungen von Dr. Irion:
Buch bei Amazon
alles-zur-allergologie.de