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Kleidung
Typ IV-Kontaktallergene
Allergische Reaktionen auf Textilien werden in der Regel nicht durch die synthetischen Textilfasern selbst verursacht, sondern durch Farb- und Textilveredelungsstoffe sowie Farbstoffe, die den Fasern zugesetzt werden. Die Fasern selbst (z.B. Nylon oder Wolle) haben eine weniger sensibilisierende, als reizende/irritative Wirkung. Eine atopische Dermatitis kann durch Wolle oder Seide exazerbieren. Baumwolle wird von Atopikern am besten vertragen.
Textilallergien werden nicht selten als atopische oder nicht näher gekennzeichnete Dermatitiden fehlgedeutet, da die Zusammenhänge von Ekzem und auslösendem Allergen oft nur schwer erkennbar sind. Allergische Kontaktekzeme durch Kleidung finden sich überwiegend an Stellen des intensiven Hautkontakts und zumal dort, wo Okklusion und Schweiß die Einwirkung verstärken. Dies sind besonders der Halsbereich (Hemdkragen), die Axillarfalten, der Bundbereich, die Vorder- und Innenseiten der Oberschenkel sowie Kniekehlen. Jedoch werden gerade bei Atopikern in diesen Lokalisationen auch irritative Dermatitiden, begünstigt durch Druck, Wärme, Okklusion, Reibung und Transpiration, beobachtet.
Die irritative Kontaktdermatitis durch Textilien entsteht durch eine unspezifische Schädigung der Epidermis durch Fasern oder Chemikalien, wobei die Rauigkeit des Gewebes und die Reibung von Bedeutung sind. Jedoch können auch Verschmutzungen von Textilien mit Staub eine irritative Dermatitis verursachen; die Adhäsionskraft und gegebenenfalls die Durchlässigkeit der Textilien für die irritierenden Partikel spielen dabei eine wichtige Rolle. Da der Reibungskoeffizient der Haut mit zunehmender Hautfeuchtigkeit ansteigt, sind Areale wie die Hautzwischenräume besonders irritationsgefährdet. Daneben finden sich irritative Textildermatitiden besonders an Stelle, wo harte oder gar scharfe Textilbestandteile das Integument traumatisieren (z.B. Etiketten-Dermatitis am Nacken oder Sakralbereich).
Natürliche Fasern besitzen eine zellulosische (Baumwolle, Leinen) oder Protein-Basis (Seide, Wolle). Von den unbehandelten Baumwoll- oder Leinen-Fasern ist nicht bekannt, dass die (allergische) Kontaktreaktionen auslösen vermögen. Wollgewebe kann bei Personen mit atopischer Disposition Ekzem provozieren bzw. Aggravieren. Allergische Kontaktekzem sowie durch Wolle induzierte Kontakturtikaria-Fälle sind dokumentiert, dürften jedoch nur äußerst selten gesehen werden. Von Maulbeerspinner-Raupen erzeugte Seide (als Gewebe unter den Namen wie Satin, Chiffon oder Jersey vermarktet) stammt zum überwiegenden Teil aus asiatischer Produktion. Wie bei Wollfasern können ebenfalls als Rarität kontakturtikarielle oder allergische Reaktionen gesehen werden.
Chemiefasern wie Polyamide (Nylon), Polyester (Dacron), elastomere Polyurethane (Apandex, Lydra) usw. Sind im weitesten Sinne Erdölprodukte und stellen seit Jahren den größten Faseranteil am Bekleidungsmarkt dar. Wie bei den Naturfasern sind auch hier Unverträglichkeiten, insbesondere allergische Reaktionen, als ausgesprochen selten einzustufen. Einzelfallberichte existieren über Kontaktreaktionen auf Nylon.
Kunstfasern (z.B. Polyamid oder Polyester) werden meist mit den Dispersionsfarbmittel des Azo- und Anthrachinon-Typs gefärbt. Farbmittel lösen sich schneller auf glatten synthetischen Fasern als auf natürlichen Fasern. Häufiges Tragen eng anliegender Kleidung begünstigt die Penetration von Färbemitteln in die Haut. Zusätzlich können dies, insbesondere unter warmen Witterungsbedingungen, Druck, Reibung und Transpiration verstärken.
Bei den Textilfarbstoff-Allergenen handelt es sich in der überwiegenden Zahl um Dispersionsfarbstoffe aus der Gruppe der Mono-, Diazo-, und Triazofarben. Trimethyl- und Nitrofarbstoffe sowie Chinoline und Indigotine spielen nur eine untergeordnete Rolle. Insgesamt beträgt die Zahl der zur Zeit bekannten Allergie-induzierenden Farbstoffe etwa 70.
Azo- und Anthrachinon-Farbmittel sind die häufigsten Auslöser eines allergischen Textilekzems. Die wichtigsten Kontaktallergene bei einer Strumpfallergie sind die Azofarben DP orange 3, DP gelb 3 und DP rot 1. Sie werden zusammen mit DP blau 1, DP blau 3, DP rot 17 und DP rot 19 zur Färbung von Feinstrumpfhosen mit hellen bis braunen Farbtönen eingesetzt. Diese Farbstoffe besitzen jedoch eher ein schwächeres Sensibilisierungspotential
Der modische Trend zu dunkler Kleidung führt in letzter Zeit vermehrt dazu, dass blaue Farbmittel bei der Textilfärbung verwendet werden. Durch die Mischung mehrerer blauer mit einem roten und einem gelben Farbmittel wird z.B. bei Feinstrumpfhosen, Samtleggings oder Unterwäsche (”Bodys”) der Eindruck eines vollkommenen Schwarz erzeugt. Von besonderer allergologischer Bedeutung sind hier die Azofarbmittel DP blau 124 und DP blau 106. Diese Farben haben eine relativ hohe Sensibilisierungspotenz und werden zusätzlich für die dunklen Farbtöne in größerer, nur unzureichend fixierbarer Menge auf die Fasern gebracht, wobei nur mäßige Farbechtheit erreicht wird. Aufgrund der strukturchemischen Verwandtschaft der beiden Verbindungen kommt es obligat zu einer gleichzeitigen, positiven Reaktion auf beide Farbstoffe (Kreuzreaktion), auch wenn nur einer der beiden Farbstoffe im Textil enthalten ist. Die Sensibilisierung kann sich innerhalb weniger Wochen entwickeln. Obwohl diese beiden Farbstoffe in Deutschland nicht mehr zugelassen sind, werden sie in England hergestellt und gelangen auf Umwegen über Importe bis zum hiesigen Verbraucher. Nachgewiesen werden konnten diese Farbstoffe im Kleiderfutter, Unterrock, schwarzer Unterwäsche, einem schwarzen Minirock und einem schwarzen, teuren Abendkostüm.
Neben den Azofarben haben andere Farben, wie solche aus Reaktivfärbungen und Färbehilfsmittel, wie z.B. Carrier aus der Polyesterfärbung, für den Verbraucher keine oder nur eine geringe allergologische Bedeutung.
Angesichts der Vielzahl von Farben sowie weiteren Stoffgruppen und Einzelkomponenten, die Textilien zugesetzt werden können, ist die Möglichkeit zahlreicher Sensibilisierungen auf verschiedene Substanzen groß. So gibt es allein ca. 3000 verschiedene Farbstoffe, die untereinander auch gemischt werden können. Das auslösende Allergen zu finden, stellt daher eher die Ausnahme dar.
Zu Kreuzreaktionen zwischen Textilfarben und p-Phenylendiamin und anderen para-substituierten aromatischen Amino-Verbindungen (siehe unter ”Farbstoffe”).
Neben den Farbmitteln können Textilveredelungsstoffe ein Ekzem auslösen. Hier kommen z.B. Weichmacher, Bleichmittel, optische Appreturen zur Versteifung der Kleidung sowie antimikrobielle Substanzen in Betracht. Formaldehydhaltige Harze (u.a. Harnstoff-Formaldehydharz, Melamin-Formaldehydharz), die überwiegend zur Erzeugung von knitterfreier Kleidung eingesetzt werden, können generalisierte ekzematöse Hautveränderungen verursachen.
Freigesetzt werden außerdem Metalle wie Chrom, Nickel und Kobalt und können zu entsprechenden Sensibilisierungen führen ebenso wie in Kleidungsstücken enthaltene Gummimaterialien (z.B. Gummizüge und -bänder).
Selten werden phototoxische Reaktionen in Form von scharf begrenzter Rötung und Hyperpigmentierungen durch Textilfarben (z.B. Dispers Blau) beobachtet.
Spektrum möglicher kutanter Textilunverträglichkeitsreaktionen |
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Manifestations-form |
Charakteristika |
Mögliche Auslöser |
atopisches Ekzem, sensorische Irritation |
konstitutionelle Hautunverträglichkeit gegenüber Irritanzien und besonders proteinbasierenden Fasern wie Schafwolle sowie “harten” Geweben (Leinen) |
Schafwolle, der Wolle nachgebaute Kunstfasern, evtl. Seide u. Wildseide, gelegentlich “hartes” Leinen |
allergisches Kontaktekzem |
notwendige Sensibilisierungsphase; Auftreten in Körperregionen, die besonders intensiven u. zumeist okklusivem Kontakt ausgesetzt sind (Hals, Axillen, Dekolleté, Streckseiten der Oberschenkel, Kniekehlen) |
durch Farbstoffe (besonders Azofarbstoffe) ausgelöste Kontaktekzem (Socken, Leggins, Unterwäsche, Hemden); heutzutage eher selten durch Formaldehyd-Freisetzung (”knitterfreie” Baumwollwäsche, Hemden) |
irritatives (toxisches) Kontaktekzem |
häufiger als allergische Variante; unspezifische Schädigung durch Chemikalien, Fasern u. Stäube vor allem in Arealen mit hoher Hautfeuchte u. Okklusionsbedingungen (Axillen, Inguinalregion), da dort erhöhter Reibungs-koeffizient |
tierische Fasern (Wolle), Polyesterfasern, Etiketten |
phototoxisches Ekzem |
nichtallergische Hautreaktion durch UV-aktivierte Chemikalien |
Farbstoffe in Badetextilien (selten, Einzelfallberichte) |
Kontakt- urtikaria |
Quaddelbildung bereits kurzzeitig nach Hautkontakt, immunologisch wie nicht-immunologisch möglich |
Schafwolle, Seide, Nylon, Tinofix S (Textil-Finish) |
pigmentierte Kontakt- reaktion |
flächige Läsionen genauso wie kleinpapulöse Hautveränderungen möglich, meist an den Extremitäten; auch als Purpura pigmentosa progressiva |
Farbstoffe |
Lichen amyloidosus |
symmetrische pruritische Läsionen |
Formaldehyd bzw. |
Erythema exsudativum multiforme-artige Reaktion, Pseudo- lymphom |
für die eigentlich vermutete Grundkrankheit “ atypisches” Bild, ungewöhnliche Symptom- abfolge |
Farbstoffe |
Berufliche Exposition in der Textilindustrie
- direkt während der Herstellung von Stoffen, wobei bei der Färbung der Stoffe die Nassarbeit die Ausbildung einer toxischen Dermatitis begünstigt
- indirekt bei der Weiter- und Aufarbeitung der Stoffe (Nähen, Bügeln, Schneiden, etc.)
Bei Arbeitern der Textilindustrie findet sich das Ekzem überwiegend auf den Handrücken, den Unterarmen und teilweise im Gesicht.
Epikutantestung
- Standard
- Textil-/Lederfarbstoffe(Hermal), Textilfarbenreihe (DKG)
- ggf. Harnstoff- und Melamin-Formaldehydharz (Chemotechnique Diagnostics, Malmö, Schweden)
- Gummireihe
- Materialstück/Textilprobe (Stoff, Leder) 2 x 2 cm, angefeuchtet mit physiologischer Kochsalzlösung, evtl. auch mit Ethanol-Durchfeuchtung oder vorherigem Hornschicht-Stripping
- Latex-Prick
Sollte eine allergische Testreaktion auf die Textilprobe beobachtet werden, steht der Untersucher vor der Schwierigkeit, die verantwortlichen Bestandteile im Textilmaterial zu ermitteln. Dies kann durch, bei Importtextilien häufig unergiebige Rückfragen beim Hersteller oder durch eine textilchemische Analyse geschehen. Fällt die Testung der Textilprobe negativ aus, können ein verschärfte Epikutantestung nach Hornschicht-Stripping oder eine Provokationstestung (Gebrauchstest) durch Tragen des beschuldigten Kleidungsstückes versucht werden. Bei neuen Allergenen oder Eigenproben sollte eine Vergleichstestung zur Negativkontrolle an einer Gruppe hautgesunder Freiwilliger durchgeführt werden, um allergische Reaktionen von irritativen abzugrenzen.
Durch Textil bedingte pigmentierte Kontaktreaktionen (wie sie z.B. unter dem klinischen Bild einer Purpura pigmentosa progressiva erscheinen können) erfordern manchmal ein spezielles Testvorgehen. In Fällen, wo durch den Epikutantest am Rücken keine Reaktion sichtbar ist, kann - in Analogie zur Abklärung einer fixen Arzneireaktion - die vehikelkontrollierte, seitenvergleichende In-loco-Testung in abheilenden oder abgeheilten Arealen zielführend sein.
Literatur: 23, 224, 225, 226
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