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(16.7.2015)
Erdnuss
Typ I-Nahrungsmittelallergen, (potenzielles) Typ IV-Kontaktallergen
Vorkommen und Verwendung
Die Erdnuss (Arachis hypogaea) ist eine Pflanzenart in der Familie der Hülsenfrüchlter (Fabaceae oder Leguminosae). Es sind die Früchte einer krautigen Pflanze, die ursprünglich in den Anden Südamerikas beheimatet war, deren Anbeu seit ihrer wachsenden Bedeutung als Ölfrucht sich über die ganzen Tropen und Subtropen ausgebreitet hat. Die Blütezeit reicht von Mai bis August. Die Erdnuss ist botanisch keine Nuss, sondern eine Hülsenfrucht und damit beispielsweise mit der Erbse oder der Bohne verwandt. Die Ähnlichkeit zu botanischen Nüssen ergibt sich durch die Beschaffenheit der Samen: die Konsistenz, den hohen Fettgehalt und den vergleichsweise niedrigen Anteil an Stärke. Im Vergleich zu echten Nüssen ist der Anteil an Omega-3-Fettsäuren gering. Im Gegensatz zu den meisten anderen Hülsenfrüchten sind Erdnüsse allerdings roh genießbar. Als Öllieferant hat sich die Erdnuss über die Tropen und Subtropen der ganzen Erde verbreitet.
Erdnüsse erfahren zunehmende Verbreitung und Anwendung vor allem als Fett- und Eiweißquelle, zudem gehört sie zu den Magensium-reichen pflanzlichenNahrungsmitteln. Reife Erdnüsse können roh, geröstet oder gekocht verzehrt werden. Biskuits, anderes Gebäck, Flips, Speisen in asiatischen Restaurants enthalten nicht selten Erdnussbestandteile. Zudem werden Erdnüsse zunehmend so verarbeitet, dass sie andere Nahrungsmittel (Walnüsse, Mandeln) imitieren, ohne dass dies immer deklariert ist. Erdnuss wird als sog. ”verstecktes Allergen” bezeichnet, da sie als Zusatz in vielen Lebensmitteln enthalten ist. Dies gilt besonders für Süßigkeiten und Fertiggerichte. Erschwert wird dadurch nicht nur die Diagnose, sondern auch die Diäteinhaltungen des Patienten. Zudem ist die Erdnuss ein wichtiger Öl- und Fettlieferant und in vielen Ländern aus der Nahrung nicht wegzudenken. In der Nahrungsmittelindustrie werden Erdnussmehl und -paste, die als Proteinlieferanten einen preisgünstigen Ersatz für den Rohstoff Milch darstellen, immer häufiger verwendet. Erdnussmehl dient als Bindemittel oder Geschmackkorrigens. In medizinischen Produkten ist Erdnussöl z.T. undeklariert enthalten.
Verwendung als kosmetischer Inhaltsstoff
Arachis hypogaea flour (INCI). Pulver das durch Mahlen von getrocknet wird. Kosmetische Funktion: abrasiv, viskositätsregelnd
Arachis hypogaea oil (INCI). Fettes und raffiniertes Öl aus den Samenkörner der Erdnuss. Kosmetische Funktion: geschmeidig machend, Lösungsmittel
Hydrogenated peanut oil (INCI). Gehärtetes Erdnussöl. Funktion: geschmeidig machend, viskositätsregelnd, emulgierend, hautpflegend
Peanut acid (INCI). Erdnussöl-Fettsäuren. Funktion: reinigend
Peanut glycerides (INCI). Erdnussöl-Mono, -Di-, Triglyceride. Funktion: emulgierend, hautpflegend
Peanut oil peg-6 esters (INCI). Ethoxyliertes Erdnussöl. Funktion: geschmeidig machend
Peanutamide mea (INCI). Erdnussöl-Fettsäuren, Verbindung mit Ethanolamin. Funktion: emulgierend, emulsionsstabilisierend, Tensid, viskositätsregelnd, schaumverstärkend
Peanutamide mipa (INCI). Erdnussöl-Amide. Funktion: emulgierend, emulsionsstabilisierend, Tensid, viskositätsregelnd, schaumverstärkend
Allergologie (Relevanz)
In Ländern, in denen Erdnüsse verbreitet genossen werden, gehören sie zu den häufigsten und - wegen ihres nicht selten hohen Sensibilisierungsgrades - auch zu den bedeutsamsten Nahrungsmittelallergenen - mit steigender Tendenz. In den USA machen sie bei Kindern und Jugendlichen etwa 20 % der Nahrungsmittelallergien aus. Bei uns sind Erdnussallergien seltener (bei ca. 7 % der Patienten bei 10 und 11).
Es sind schon Reaktionen ab einer Schwellendosis unter 1 mg Erdnussprotein beobachtet worden und damit bei Mengen, die im Bereich von Spuren liegen. Eine Erdnuss wiegt 500 bis 1000 mg, davon sind ca. 50 Prozent Proteinanteil. 60 Prozent der Erdnussallergiker reagieren bei der ersten Ingestion mit Symptomen, wenn auch meist nicht lebensbedrohlich. Außerdem ist bekannt, dass die Erdnussallergie nicht wie andere Nahrungsmittelallergien mit der Zeit abnommt, sondern bei 75 Prozent der Kinder bestehen bliebt. In Bezug auf die Mortalität durch Anaphylaxie liegen keine exakten Daten für die Bundesrepublik Deutschland vor. Aus einer Studie in Großbritannien geht hervor, dass bei 229 stationär behandelten Patienten mit gefährlichen Nahrungsmittelreaktionen die Erdnüsse mit 21 Prozent der häufigste Auslöser waren. Von den genannten 21 Prozent Erdnussallergie-Reaktionen waren 13 Prozent schwer; drei Kinder starben, sechs waren lebensgefährlich bedroht. Von diesen neun Kindern hatten acht ein bekanntes Asthma bronchiale.
Eine Sensibilisierung kann beim ungeborenen Kind sogar im Mutterleib stattfinden oder nach der Geburt über die Muttermilch erfolgen. Bereits Spuren von Erdnuss genügen um schwere Reaktionen auszulösen. Die meisten tödlichen anaphylaktischen Reaktionen auf Nahrungsmittel werden auf Erdnüsse zurückgeführt. Im Gegensatz zu kalt gepresstem Erdnussöl enthält heiß gepresstes (raffiniertes) Erdnuss sehr wenig Protein und wird daher von einem Teil der Erdnussallergikern vertragen. Die Erdnussallergene sind z.T. relativ widerstandsfähig - sowohl gegen Temperatureinfluss als auch gegen enzymatische Einwirkungen. Die Allergenaktivität kann je nach Herkunft der Erdnüsse um den Faktor 5 schwanken. Durch Rösten sinkt die Aktivität auf etwa 25 %.
Die Symptomatik reicht von oropharyngealen und gastrointestinalen Beschwerden bis zu Urtikaria, Quincke-Ödem, Asthma bronchiale oder gar anaphylaktischem Schock. Die Symptomatik verstärkt sich durch Alkoholgenuss oder körperliche Anstrengung. Häufiger Auslöser eines oralen Allergiesyndroms bei atopischen Kindern sowie auch möglicher Auslöser von Ekzemschüben. In Einzelfällen ist die Sensibilisierung des Säuglings über die Muttermilch beschrieben, so normalisierten sich die Stuhlunregelmäßigkeiten bei einem 2 Wochen alten Jungen nachdem die Mutter den Genuss von Erdnussbutter mied - ein Pricktest, der in der 10. Lebenswoche durchgeführt wurde, ergab eine positive Reaktion auf native Erdnuss. Bei hochgradiger Sensibilisierung kann schon der Scratchtest systemische Reaktionen auslösen. Bei nachgewiesene Kreuzreaktivitäten zu anderen Leguminosen wie Erbsen, Bohnen und Linsen ist keine generelle Leguminosen-Karenz erforderlich, da diese Sensibilisierungen in der Regel ohne klinische Relevanz sind.
Bekannte Erdnussallergene:
- Ara h1: 63 kDa (Molekülgröße): Speicherprotein, Proteinfamilie: 7S-Globulin, Stabilität +++, Anteil +++ (11-31 %) klinische Relevanz ++; häufig assoziiert mit (weniger schweren) klinischen Reaktionen, verbunden mit Kreuzreaktionen gegen Nüsse und Hülsenfrüchte wie Linse oder Erbse
- Ara h2: 17-19 kDa. Speicherprotein, Proteinfamilie: 2S-Albumin, Stabilität +++, Anteil ++ (7-26%), klinische Relevanz ++++; häufig mit systemischen und ernsthaften Reaktionen assoziiert
- Ara h3: 14-15 kDa: Speicherprotein. Stabilität +++, Anteil +++ (38-76 %), klinische Relevanz ++; häufig mit (weniger schweren) klinischen Reaktionen assoziiert
- Ara h4: 37 kDa: Isoform of Ara h 3
- Ara h5: 15 kDa: Pollenassoziierte Allergene, Proteinfamilie: Profiline, Stabilität (+), Anteil +
- Ara h6: 15 kDa: Speicherprotein, Proteinfamilie: 2S-Albumine, Stabilität +++, Anteil ++ (4-14 %), klinische Relevanz ++,
- Ara h7: 17 kDa: Speicherprotein, Proteinfamilie: 2S-Albumine, Stabilität ++, Anteil ++, klinische Relevanz ++
- Ara h8: 16 kDa: Pollenassoziierte Allerge, Proteinfamilie: PR 10 (Bet-v1-homolog), Stabilität (+), Anteil (+), klinische Relevanz (+); Marker für Birkenpollen-assoziierte Kreuzreaktionen mit oralem Allergiesyndrom
- Ara h9: 9,8 kDa: pflanzliche Panallergene, nicht spez. Lipidtransferproteine, Stabillität ++, Anteil +, klinische Relevanz ++; häufig assoziiert mit systemischen und schwereren Reaktion, Vorkommen jedoch zumeist nur im Mittelmeerraum
- Ara ha10: 16 kDa: Strukturprotein, Proteinfamilie: Oleosine, Stabilität ++, Anteil +, klinische Releavnz ?
- Ara h11: 14 kDa: pflanzliche Defensive, Proteinfamilie: Defensine, Stabilität +, Anteil +, klinische Releavnz ?
Ara h1, h2, h3 und h6 konnten dabei als die Major-Allergene der Erdnuss identifiziert werden. Es konnte dabei herausgefunden werden, dass das Ara h2-Allergen und das verwandte Ara h6 beträchtlich sehr viel stärker wirksamer sind als das Ara h1 und das Ara h3. Ara h2 und Ara h6 besitzen zudem eine wesentlich stärkere aktivivierende Wirkung auf Mastzellen und Basophilen, die Effektorzellen der allergischen Reaktion. Ara h2 und Ara h6 sind zudem wesentlich stablier gegenüber der Pepsinverdauung als das Ara h1 oder Ara h3.
Kontaktallergische Reaktionen auf Erdnuss als Inhaltsstoff von Kosmetika sind bisher nicht bekannt oder beschrieben.
Diagnostik
Prick und i.c. mit kommerziellen Extrakten (Al.), Scratch mit nativem Material, RAST (Ph.), orale Provokationstestung in stationärer Notfallbereitschaft.
Erstellung eines IgE-Erdnussallergen-Profils mittels ImmunoCAP: Bei Verdacht auf eine Erdnussallergie können mit dem Allergie-Profil Erdnuss die Auslöser der
Sensibilisierung identifiziert und das Risiko für die Entwicklung klinischer Reaktionen ermittelt werden.
Literatur: 1, 2, 3
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Final report on the safety assessment of Peanut (Arachis hypogaea) Oil, Hydrogenated Peanut Oil, Peanut Acid, Peanut Glycerides, and Peanut (Arachis hypogaea) Flour. Int J Toxicol 20, Suppl 2, 65-77 (2001) !!!!
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