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Suchbegriffe zu diesem Artikel: Soforttypallergene

Getreide/Zerealien 

Typ I-Nahrungsmittelallergene 

Inhalative Typ I-Soforttypallergene 

Auslöser einer Proteinkontaktdermatitis 

Der Begriff Zerealien kennzeichnet mehr eine spezielle Rolle in der Ernährung als eine taxonomisch zusammengehörende Gruppe. 

Zu den wichtigsten Zerealien gehören: 

  • Weizen 
  • Roggen 
  • Reis 
  • Mais 
  • Gerste 
  • Hirse 
  • Hafer 

Verwendung 

Zerealien tragen mit 72 % der Proteinzufuhr maßgeblich zur Welternährung bei. Die eigentlichen Zerealien gehören zur Familie der Gräser (siehe dort). Hinzu kommt der zu einer anderen Familie gehörende Buchweizen (siehe dort). In unseren Breiten werden sie vor allem für Gebäck (Brot, Brötchen, Kuchen, Torten usw.) und Teigwaren verwendet. Sie finden sich jedoch auch in Soßen und Wurst - selbst in Kosmetika. 

Allergologische Relevanz 

In Anbetracht ihrer für die Ernährung überragenden Bedeutung sind die durch Zerealien ausgelöste Nahrungsmittelallergien insgesamt relativ gering. IgE-vermittelte Reaktionen können einerseits per Inhalationem zur Auslösung respiratorischer Beschwerden führen, wie z.B. dem Bäckerasthma, andererseits können sie per Ingestionem allergische Symptome nach dem Verzehr von Backwaren auftreten. 

Während die jeweiligen Pollen eine beachtliche Rolle als Ursache des Heuschnupfens spielen und berufsbedingte Sensibilisierung durch die Mehle ebenfalls häufig sind, ist die enterale Sensibilisierung relativ selten - möglicherweise bedingt durch die Verdauungsprozesse, z.T. aber auch durch die Art der Verarbeitung (Backen, Kochen), da die verursachenden Proteine bei Hitzebehandlung immunologisch instabil sind. 

Nahrungsmittelallergien werden am häufigsten auf Weizen (2,5 - 6,8 %) und Roggen (2,5 - 3,9 %) beobachtet. Die klinische Symptomatik umfasst zumeist oropharyngeale und gastrointestinale Beschwerden, ebenso können Urtikaria und atopisches Ekzem ausgelöst werden. Bei oraler Zufuhr können die Symptome sofort (innerhalb von 30 Minuten), aber auch mit einer Verzögerung von mehreren Stunden manifest werden. Daneben sind auch kontaktallergische (Typ IV)-Reaktionen möglich. 

Bei intensiver Exposition durch Roggen- und Weizenmehl, z.B. bei Bäckern, kann die primäre Entwicklung einer Respirationsallergie in Einzelfällen zu einer sekundär nutritiven Allergie führen. Nahrungsmittelallergien auf Getreide können bei Pollenallergikern auch im Rahmen von pollenassoziierten Nahrungsmittelallergien auftreten. Als verantwortliche Allergene wurden Profiline identifiziert, die ubiquitär in eukaryonten Zellen vorkommen und die Polymerisation von Aktiv regulieren. Aufgrund ihrer weiten Verbreitung wird angenommen, dass sie Pan-Allergene darstellen. Bemerkenswert ist, dass Mehlasthmatiker die orale Aufnahme in der Regel reaktionslos vertragen. Ein Grund können allergenverändernde Verdauungsprozesse sein oder die vor dem Verzehr erfolgte Verarbeitung bei hohen Temperaturen. Die Allergenität geht zum größten Teil durch Erhitzen verloren. Neben den Profilinen stellen die alpha-Amylase-Inhibitoren eine bedeutende Allergengruppe dar (siehe hierzu auch unter ”Bäckereihandwerk”). Diese finden sich in den verschiedenen Getreidemehlen. Aufgrund von Homologien, die innerhalb dieser Allergene bestehen, erklärt sich auch ein gewisses Maß an Kreuzreaktivität bei Mehlallergikern. 

Enzym-Inhibitoren in Getreidemehlen 

Roggen 

Gerste 

Weizen 

Alpha-Amylase-Inhibitor-1 (RAI-1) 

monomerer alpha-Amylase-Inhibitor-1 (BMAI-1) = Hor v1 

 

Alpha-Amylase-Inhibitor-2 (RAI 2) 

   

Sec c1 

dimeres Protein (BDP) 

 

dimerer alpha-Amylase-Inhibitor (RDAI-1) 

 

dimerer alpha-Amylase-Inhibitor-1 (WDAI) 

Alpha-Amylase-Inhibitor-3 (RAI-3) 

 

tetramerer alpha-Amylase-Inhibitor-CM2 (WTAI-CM2) 

Weizenmehl kommt die größte allergene Bedeutung unter den Getreiden als Nahrungsmittel zu. Bei den Pollenallergikern spielen die Roggenpollen, neben den Gräserpollen, die bedeutendste Rolle. 

Gerste, Roggen und Weizen sind allergologisch nahestehend, die wasserlöslichen und -unlöslichen Proteinfraktionen zeigen starke Kreuzreaktivitäten. Hafer zeigt hingegen schwächere Kreuzreaktionen zu diesen drei Getreidearten. Kreuzreaktionen bestehen auch zwischen den Getreidemehlen bzw. Getreidepollen mit Pollen verschiedener Gräser. 

Die Körner bestehen aus dem eigentlichen Keimling (Sperm) und dem weit größeren Endosperm, in dem Stärke (70-75 %), Proteine (7-15 %), Lipide (ca. 5 %) sowie Mineralien enthalten sind. Für die Ernährung werden in der Regel die Mehle verwendet. Sie bestehen vor allem aus Kohlenhydraten und Proteinen, den potentiellen Allergenen. Die Proteinfraktion lässt sich unterteilen in: 

  • wasserlösliches Albumin, 15 %iger Bestandteil 
  • in NaCl-Lösung lösliches Globulin, in dieser Fraktion finden sich die Hauptallergene der Getreide, 5 % 
  • Prolamin (Gliadin), in 70 %igem Alkohol löslich, 40 % 
  • Glutelin (Glutenin beim Weizen genannt), in verdünnten Säuren und Laugen löslich, 40 % 

Gluten (Gliadine und Glutenin) ist das ”elastische Protein” im Weizen, welches den Teig bindet. Ähnliche Proteine finden sich in Roggen, Gerste und Hafer. Die Getreidearten enthalten unschiedliche Proteinfraktionen. Weizen weist den höchsten Gehalt an Prolaminen auf, der ebenfalls vom Mais annähernd erreicht wird. Beim Roggen und Hafer ist der Anteil der Albuminfraktion am höchsten, beim Mais am niedrigsten. Im Gehalt an Glutelinen führen Hafer und Reis. 

Weizen, Roggen, Hafer und Gerste können auch eine Proteinkontaktdermatitis auslösen, insbesondere bei Bäckern. In den meisten Fälen konnte jedoch bei deren Auslösung weder die Beteiligung eines immunologischen Mechanismus noch die Rolle von spezifischen Proteinen demonstriert werden. 

Diagnostik 

Wässrige Extrakte zur Allergiediagnostik liefern zum Teil falsch negative Resultate, da das nicht wasserlösliche Allergen Gluten (aus Gliadin- und Gluteninbestandteilen) nur in unzureichender Menge in diesen Extrakten vertreten ist. 

Therapie 

Diät bei Getreideallergie 

Prinzip: 

Bei einer Getreideallergie sind Getreide und Getreideprodukte zu meiden. Besonders zu beachten sind alle Fertigprodukte und –mahlzeiten; sie enthalten häufig Mehlsorten. Stärke, Stärkesirup, modifizierte Stärke, Binde-, Verdickungs- und Geliermittel sind erlaubt. 

Verboten 

Weizen 

Grünkern (Dinkel) 

Roggen 

Hafer 

Gerste 

Hirse 

Mais 

Reis 

Alternativen für Getreide und Getreidemehle 

Kartoffel 

-mehl 

-stärke 

Tapioka 

Sago 

Buchweizen 

-grütze 

-mehl 

Sojabohnen 

-mehl 

-flocken 

-keimlinge 

-käse (Tofu ohne Getreide) 

Stärkemehle 

  • Weizenstärke 
  • Maisstärke 
  • Reisstärke 
 

Hülsenfrüchte 

  • Bohnen 
  • Erbsen 
  • Linsen 

Nüsse/Mandeln/Keime 

Alle Sorten 

  • Erdnussflocken 
  • Kastanienflocken/-mehl 
  • Kokosraspeln 
 

Spezialprodukte 

Brot/Backwaren 

  • eiweißarme Produkte 
  • Gluten-freie Produkte
    ohne Hirse-, Mais- oder
    Roggenmehl 
  • Stärkebrot 
 

Bindemittel 

  • Gelatine 
  • Agar-Agar 
  • Johannisbrotkernmehl 
  • Johannisbrotmehl 
 

Literatur: 1, 2, 3, 165 

Simonato et al: Food allergy to wheat products: the effects of bread baking an in vitro digestion on wheat allergenic proteins. A study with bread dough, crumb an crust. J Agric Food Sci 49, 5668-5673 (2001) 

Cristaudo et al: Contact urticaria and protein contact dermatitis from corn in a patient with serum IgE specific for a salt-soluble corn protein of low molecular weight. Contact dermatitis 51, 84-87 (2004) 


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