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Allergologie Allergie Forum

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    • CommentAuthorgoodie
    • CommentTimeDec 1st 2014
     
    Sehr geehrter Dr. Irion, ich bin gegen verschiedene Stoffe allergisch, dazu gehören Gräser und andere Pollen. Außerdem kommt eine Katzenhaarallergie sowie Hausstaubmilben Allergie dazu. Obwohl jetzt Herbst bzw. Winter ist, leider ich wieder verstärkt an allergischen Symptomen (Rachenjuckreiz, Nase zu, brennende Augen). Ich möchte aufgrund dessen jetzt meine Therapie beginnen. Eine 3 jährige Therapie mit den ganzen Spritzen alle paar Wochen nicht wirklich vorstellen (Zeitbedingt durch Beruf). Ich weiß, dass die Spritze mehrere Allergien "bekämpfen" kann während Tabletten nur bei Pollen helfen. Lohnt es für mich, die Tropfen Variante zu nehmen? Ich möchte meine Allergie im Sommer (Pollen) und im Winter (durch Milben) bekämpfen. Ich habe jetzt inzwischen ganzjährig Probleme. Leider kann ich im Netz keine passende Antwort zu meinem Anliegen finden und wollte vor meinem nächsten Arztbesuch etwas klarheit schaffen. Ich danke schonmal
    •  
      CommentAuthorDr. Irion
    • CommentTimeDec 1st 2014 bearbeitet
     

    (1.12.2014) Ich kann diesbezüglich bis auf ganz wenige Ausnahmefälle ausschließlich eine subkutane präsaisonale Kurzzeit-Hyposensibilisierungsbehandlung, zumindest was die Pollen betrifft, empfehlen, da diese Therapieform sehr praktikabel ist und zudem auch äußerst effektiv. Daneben gibt es noch die Bienen- und Wespengiftallergie, bei der sich eine Hyposensibilisierung in zahlreichen Fällen geradezu lebensverlängernd auswirken kann.

    Gar nichts dagegen halte ich, bis auf ebenfalls ganz wenige Ausnahmen, von einer Hyposensibilisierung gegen Hausstaubmilben, da es sich in der Praxis gezeigt, hat, dass entsprechende Sanierungs- und Encasingmaßnahmen, wenn effektiv durchgeführt, zu einer deutlichen Symptombesserung bis hin zur vollständigen Beschwerdefreiheit führen können und eine zusätzliche Hyposensibilisierung, die ja doch sehr aufwendig ist, keinen zusätzlichen Nutzen besitzt, außer ganz erheblichen Kosten und  man dennoch nicht vom ganz konsequente Meiden dieser Allergene entbunden wird. Es gäbe also letzlich für eine Hyposensibilisierung gegen Hausstaubmilben nur zwei Gründe: eine ganz massive Sensibilisierung, die jedoch in der Praxis äußerst selten ist oder eine berufliche Tätigkeit, die es erfordert, in wechselnden Hotelzimmern zu übernachten und entspechende Sanierungs- und Encasingmaßnahmen daher nicht sichergestellt werden können.

    Ganzjährige Beschwerden sind zumeist gar nicht allergisch bedingt, da auch Hausstaubmilben z.B. einen deutlichen Höhepunkt zu Beginn der Heizperiode zeigen; zumeist würde hier dann als Diagnose entweder eine organische Ursache im HNO-Bereich vorliegen oder insbesondere eine sog. nasale Hyperreaktivität. Auch bei saisonalen Augenbeschwerden kann ein nicht allergische Ursache vorliegen, wenn irritativ wirksame Eiweißbestandteile der Pollen die entsprechenden Beschwerden auslösen und eine Hyposensibilisierungsbehandlung demzufolge vollständig unwirksam wäre; diese Erkrankungsformen bedürfen daher einer kompetenten HNO- oder Augenärztlichen Behandlung.

    Bei der Behandlung der Pollen hat sich die präsaisonale Kurzzeithyposensibilisierung mit 6-7 Injektionen im wöchentlichen Abstand (oder ggf. bei Bedarf auch längeren Injektionsintervallen) als äußerst effektiv und praktikabel bewährt. Zu aufwendig sind ganz sicherlich die ganzjährigen subkutanen  Hyposensibilisierungsbehandlungen, alleine schon wegen der langwierigen Aufdosierungsphase und dann auch einer entspechend notwendigen Dosisreduktion während des Pollenfluges mit einer anschließend erneuten und komplizierten Aufdosierungsphase. Die Wirksamkeit kann bei dieser Behandlungsform mit annähernd 100 % angegeben werden, zumindest mit einer deutlichen Beschwerdebesserung. Wichtig ist jedoch auch noch, die Allergene nicht zu stark zu verdünnen. So hat es sich in der Praxis gezeigt, dass gerade die Hyposensibilisierung gegen die sehr potenten Birkenpollen, wenn gemeinsam z.B. mit Gräser- und Roggenpollen in einer Injektionslösung eingesetzt, deutlich an ihrer Wirksamkeit verlieren. Daher sollten Birkenpollen, klinisch relevant im April, entweder mit den kreuzreagieren Baumpollen Erle und Hasel behandelt werden oder ganz alleine. Dies macht natürlich diese Behandlungsform etwas auwendiger, da bei einer häufig vorliegenden Birken-/Baumpollen- und Gräser-/Roggenpollen-Allergeie dann diese erforderlichen 6-7 Injektionen zweimalig durchgeführt werden müssten, wobei theoretisch auch 2 wechselnde Injektionen pro Woche möglich wären, das notwendige Zeitintervall sich damit nicht verlängern würde.

    Nicht wirksam ist diese Therapieform natürlich dann und hier liegt das Problem in der häufigen Unkenntnis zahlreichster Kollegen, wenn ein Allergen behandelt wird, das gar nicht für die Symptome verantwortlich ist und wenn dann z.B., wie immer wieder behauptet wird, "die Beschwerden werden dann schon noch über die Jahre besser werden", tatsächlich auch über Jahre hinweg behandelt wird.

    Dies ist natürlich absoluter Unsinn, denn eine deutliche Beschwerdebesserung MUSS bereits nach der ersten Behandlungsserie vorliegen oder es wurde entweder das falsche Allergen behandelt oder es liegt (s.o.) gar keine allergische Genese der Symptome überhaupt vor. Die Hyposensibilisierung wird NUR deshalb über 3-5 Jahre durchgeführt, um einen entsprechenden längerenTherapieerfolg sicher zu stellen. Mittlerweile liegen mehrere Daten vor, die bestätigen, dass eine 3jährig durchgeführte Hypo etwa für 8-12 Jahre vorhält, danach muss dann bei erneut auftretenden Beschwerden ggf. eine Auffrischungbehandlung erfolgen.

    Tritt keine zumindest deutliche Beschwerdebesserung ein, ist es dann natürlich notwendig, nach einer weiteren allergenen Ursache zu suchen, was dann auch häufig genug ein entsprechendes Puzzlespiel sein sein kann und dafür besitzen viele Ärzte nicht das notwendige Wissen oder überhaupt die Lust oder Interesse sich damit entsprechend zu beschäftigen, jedenfalls könnte man dies entsprechend derartig vermuten. Wichtig ist hierbei eine im Pricktest vorliegende Sensbilisierung dann auch durch eine nasale Provokationstestung entsprechend zu objektivieren, dan in vielen Fällen klinisch nicht relevante Kreuzsensibilisierungen vorliegen können.

    Die Behandlung mit den "Grastabletten" ist geradezu aus fachlicher Sicht als "lächerlich" zu bezeichnen. Denn die Herstellerfirma behauptet doch tatsächlich, es würde vollständig die Behandlung gegen einzelne Süßgräser ausreichen und der "Roggen" würde dann schon auf Grund einer Kreuzreaktivität ja mitreagieren und dies - obwohl ja gerade der "Roggen" das potenteste Allergen bei der Gräserpollenallergie darstellt und für die meisten Beschwerden bei dieser saisonalen Allergie tatsächlich auch verantwortlich ist. - Dass dann tatsächlich  begründet wird, es sei doch gar nicht zwingend notwendig ausgerechnet den "Roggen" zu behandeln, ist letztlich wieder ein typischer Fall für das Gebahren mancher Pharmafirma. Dass sich manche Ärzte und oder Patienten geradezu derartig "verdummen" lassen, ist mir jedenfalls vollständig unverständlich.

    Bei den sublingualen Hyposensibilisierungslösungen, die ja in der Wirksamkeit tatsächlich mittlerweile auch ganz gut funktionieren, stellt sich für mich aus ärztlicher Sicht die Patientencompliance als Hauptproblem dar. Diese Tropfen müssten nämlich dann über die 3jährige Behandlungsphase teils täglich (oder zumindest 5 Tage in der Woche) und ganzjährig oder zumindest mehrere Monate im Jahr eingenommen werden. Und ich habe seltenst Patienten erlebt, die dies dann auch derartig lange und ganz konsequent durchhalten. Ein weiteres Problem ist, dass diese Lösungen über eine längere Zeit, also am besten mehrere Minuten, im Mund behalten werden müssen, da die Wirkstoffe ausschließlich über die Mundschleimhaut resorbiert werden und die ganze Wirksamkeit weg ist, wenn einmal hinuntergeschluckt und das ist auch sehr nervig, kann ich einmal versichern!

    Vorteil ist natürlich, dass diese Behandlungsform komplett nebenwirkungsfrei ist, wobei bei der subkutanen Hyposensibilisierungsbehandlung schon immer wieder auch anaphylaktische Reaktionen beschrieben sind, insbesondere wenn z.B. durch nicht-ärztliches Personal durchgeführt eine versehentliche intravasale Injektion erfolgte. Deshalb könnte eine sublinguale Behandlung auch bei Kleinkindern erfolgen, unterhalb eines Alters von 8 Jahren, die die untere Zulassungsgrenze der subkutanen Hypo darstellt. Jedoch wie schon beschrieben, ist bei diesen Kindern auch die entsprechende Wirksamkeit nicht darstellbar, da die zuverlässige Veweildauer der Tropfen im Mund kaum gegeben ist. Jedoch kann ganz sicherlich gesagt werden, sofern in diesen frühen Jahren notwendig, ist diese Behandlung besser als gar keine, um eine frühe Progredienz der Beschwerden und damit auch ein mögliches allergisches Asthma bronchiale zu verhindern.  Für Erwachsene hat sich diese Behandlungsform - aus meiner längjährigen Erfahrung bei zahlreichen Patienten - jedenfalls als nicht gerade erfolgreich und sinnhaft erwiesen.

    Beste Grüße

    Dr. Roland Irion