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Allergologie Allergie Forum

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    • CommentAuthorsaskia2307
    • CommentTimeNov 5th 2010 bearbeitet
     

    Sehr geehrter Herr Dr. Irion,

    vor ca. 10 Wochen ist bei meinem Sohn (7 Jahre) nach einem Allergietest durch Blutentnahme eine hochgradige Nussallergie (Haselnuss und Erdnuss) festgestellt worden. Der Kinderarzt hat mir dann mitgeteilt, dass gerade Nussallergien zum anaphilaktischen Schock führen können und mir gleich ein Notfallset mit Spritze, Zäpfchen und Saft zusammengestellt. Der Kinderarzt sagte außerdem, dass man nicht herausfinden kann, ob und wie mein Sohn wirklich auf Nüsse reagiert. Ich war total verunsichert und auch leicht panisch, weil ja in sehr vielen Lebensmitteln Nüsse oder Spuren davon enthalten sind. Mein Sohn hat auch schon einige solcher Produkte ohne Probleme genossen. Daraufhin war ich bei einem Allergologen, den ich dann überreden musste einen Prick-Test vorzunehmen. Bei diesem Prick-Test hat mein Sohn keinerlei Reaktion auf die Nüsse gezeigt. Der Allergologe meinte aber, dass das nicht unbedingt etwas heissen muß und mein Sohn strikt auf Nüsse, und alles was Spuren enthalen könnte, verzichten muß. Da ich mich mit dieser Aussage nicht zufrieden geben konnte, habe ich einen Termin in einer Universitäts-Hautklinik gemacht und dort die Tests noch einmal durchführen lassen. Der Bluttest hatte in etwa das gleiche Ergebnis, aber bei dem Prick-Test zeigte mein Sohn plötzlich (nur 5 Wochen nach dem letzten) eine ganz deutliche, hohe Reaktion auf Nüsse. Als ich die Ärztin auf die unterschiedlichen Testergebnisse ansprach, meinte sie, dass eventuell der Test in der allergologischen Praxis nicht korrekt durchgeführt wurde. Mehr fiel ihr dazu nicht ein. Anderseits war sie der Meinung, dass mein Sohn ruhig weiter die Nussprodukte essen sollte, da er ja bisher keine Reaktion darauf gezeigt hat. Der Kinderarzt und der örtliche Allergologe waren aber der Meinung, dass die Reaktion sich jeden Tag verändern und mein Sohn vielleicht doch beim nächsten Verzehr eine starke Reaktion zeigen könnte.

    Jetzt bin ich genauso schlau wie vorher und noch verunsicherter, da ich keine definitiven Aussagen bekomme und uns nichts erklärt wird, geschweige denn uns ein Behandlungsplan angeboten wird.

    Es kann ja nicht sein, dass man jeden Tag in Angst leben muss, dass mein Sohn versehentlich etwas von anderen Kindern isst und einen anaphilaktischen Schock erleiden kann. Es muss doch eine Möglichkeit geben, herauszufinden wie mein Sohn auf welche Art und Menge von Nüssen reagiert.

    Ich bin echt verzweifelt und hoffe, dass Sie mir weiterhelfen können.

    Für Ihre Bemühungen und eine schnelle Antwort danke ich Ihnen im voraus.

    Mit freundlichen Grüßen

    Saskia2307

    •  
      CommentAuthorDr. Irion
    • CommentTimeNov 5th 2010 bearbeitet
     

    Ich hatte hier schon wiederholt auf die tatsächlich unsägliche Angewohnheit hingewiesen, Allergietestungen ohne Sinn und Verstand durchzuführen. Das Ergebnis ist nämlich, häufig genug, wie in Ihrem Fall immer das Gleiche, totale Verunsicherung.

    Wie Sie selbst schrieben hat Ihr Sohn Nüsse bisher ohne Probleme vertragen. Daher gibt es eigentlich auch überhaupt keinen Grund einen diesbezüglichen Allergietest durchzuführen. Und auf Grund einer positiven Testreaktion, also lediglich dem Vorliegen einer Sensibilisierung, eine ärztliche Konsequenz zu ziehen und das auch noch in so massiver Weise wie in Ihrem Fall, ist einfach nur als grotesk zu bezeichen. Insbesondere da es keinerlei Zusammenhang zwischen einer Sensibilisierung, also einer positiven Testreaktion, und dem Auftreten einer tatsächlichen allergischen Reaktion gibt. - Es wäre zwar letztlich schön, wenn es einen Test gäbe, der einen derartigen Zusammenhang herausstellen könnte; diesen gibt es jedoch leider nicht und wird es auch vermutlich in nächster Zeit nicht geben.

    Leider ist mir aus Ihrem Schreiben nicht klar geworden, wieso überhaupt ein Allergietest durchgeführt wurde. Lag hier vielleicht doch eine anaphylaktische Reaktion auf ein anderes Nahrungsmittel vor? Dann würde die Verordnung eines Notfallsets in jedem Falle Sinn machen.

    Nur noch einmal zum Veständnis. Ein Allergietest macht ausschließlich Sinn, um eine Verdachtsdiagnose zu bestätigen oder eben nicht. In den meisten Fällen wird praktisch jedoch dann ein Test unnötig, wenn die Reaktion ganz eindeutig und klar war. Wenn jemand also eine Erdnuss gegessen und daraufhin mit Atemnot reagiert hat, dann wäre es natürlich schön, diese allergische Reaktion mit einem positiven Testergebnis zu verifizieren bzw. zu bestätigen; wenn jedoch die Testreaktion negativ wäre, würde man dann ja dennoch zu einem Meiden von Erdnüssen raten. Problematisch ist hier einfach,  wie Sie dies ja auch erlebt haben, dass viele Testsubstanzen die entsprechenden Allergene des jeweiligen Nahrungsmittels gar nicht enhalten, also zwangsweise falsch-negativ ausfallen; sinnig wäre es dann das entsprechende Nahrungsmittel nativ zu testen.

    Ich kann mich daher nur der Aussage der Kollegin der Universitäts-Hautklinik anschließen, dass Ihr Sohn Nüsse essen kann, solange und soviel er will, solange keine Reaktion aufgetreten ist. Und etwaig auf diese zu warten wäre in keinster Weise sinnig, da es keinerlei Hinweise gibt, dass ihr Sohn eher oder verstärkt auf bestimmte Nahrungsmittel (in diesem Fall die Nüsse) reagiert als irgendein anderer Mensch.

    Viele Grüße

    Dr. Roland Irion

    • CommentAuthorsaskia2307
    • CommentTimeNov 11th 2010
     

    Sehr geehrter Herr Dr. Irion,

    vielen, vielen Dank für ihre ausführliche Antwort.

    Der Allergietest wurde durchgeführt, da mein Sohn eines Tages aus dem Kindergarten kam und am ganzen Körper Pusteln bekam, die nach ca. 2 Stunden wieder verschwanden. Mein Sohn erzählte, dass er lediglich Äpfel gegessen habe, die er immer vertragen hat, aber auf dem Teller auch Kiwischeiben gelegen hätten. Ich wollte wissen, ob mein Sohn auf die Kiwi allergisch ist. Die Vermutung hat sich mit dem Test bestätigt. Gleichzeitig wurden weitere Allergene (u. a. die Nüsse) getestet, da mein Sohn eine starke Birkenpollenallergie hat und darauf mit starkem Asthma reagiert. Außerdem hatte er als Baby/Kleinkind eine sehr starke Neurodermitis. Daraus schließt unser Kinderarzt, dass mein Sohn eher gefährdet ist, stärker auf Nüsse zu reagieren. Außerdem sagt er, dass die Reaktion sich wöchentlich oder sogar täglich ändern kann. Das heißt, auch wenn er gestern Nüsse vertragen hat, kann er morgen beim Nussverzehr einen anaphilaktischen Schock bekommen. Das verunsichert mich am meisten. Ist das wirklich so? Dann kann das doch bei allen Menschen so sein, oder?

    Der Kinderarzt ist sogar der Meinung, dass man noch nicht einmal Brötchen vom Bäcker kaufen solle, da in jeder Bäckerei Nüsse verarbeitet werden und somit Spuren davon in die normalen Brötchen gelangen können. Wie übertrieben, oder eben auch nicht, ist das Vermeiden von "Kann Spuren von... enthalten"?

    Ich habe vergessen zu erwähnen, dass meine Mutter vor ca. 3 Jahren mal meinte eine Reaktion auf die Nüsse gesehen zu haben. Mein Sohn hatte sich wohl nach dem Verzehr eines Nusspuddings eine ganze Zeit geräuspert, als würde etwas im Hals kratzen. Daraufhin hat sie ihm diesen Pudding nicht mehr gegeben. Ich selbst habe diesen Pudding nie gekauft und daher die Reaktion nicht nachgeprüft. Aber er hat wie gesagt im Laufe der letzten Jahre einige Produkte mit Nussanteil vertragen.

    Jetzt möchte ich noch einmal auf die unterschiedlichen Prick-Test-Ergebnisse zurückkommen. Hab ich sie richtig verstanden, dass die getesteten Substanzen bei verschiedenen Ärzten unterschiedliche Inhalsstoffe haben können und der Test deshalb so gegensätzlich ausgefallen sein kann? Dann kann es theoretisch sein, dass mein Sohn nicht auf den Nussbestandteil, sondern einen Zusatzstoff reagiert hat?

    Ich freue mich auf Ihre Antwort und bedanke mich im voraus.

    Saskia2307

    •  
      CommentAuthorDr. Irion
    • CommentTimeNov 11th 2010 bearbeitet
     

    Ich darf Sie auf meine Ausführungen zur Haselnussallergie verweisen:

    http://www.alles-zur-allergologie.de/Allergologie/Artikel/3825/Hasel-Haselnuss/Haselnuss.html

    Wie Sie sehen können, gibt es verschiedene Haselnussallergene, die derzeit bekannt oder beschrieben sind, von Cor a1 bis Cor a11. Bei Vorliegen einer Birkenpollensensibilisierung liegt dann typischerweise eine Sensibilisierung gegen Cor a1 oder Cor a2 vor und die entsprechende allergische Reaktion wäre ein sogenanntes orales Allergiesyndrom mit z.B. Schwellungen im Mundbereich und eben KEINE systemische Reaktion mit Schock etc., wie diese bei Patienten mit einer Allergie gegen Cor a8 im Rahmen eines Lipidtransferprotein-Syndroms zu beobachten ist. Dieses Syndrom kommt jedoch fast ausschließlich in Südeuropäischen Ländern wie insbesondere Spanien vor und bei diesen Patienten liegen dann auch keine Sensibilisierungen gegen die Haselpollen vor (die Kreuzreaktion bei vorliegender Heuschnupfensymptomatik ist die Ursache der Sensibilisierung bzw. Allergie gegen die Haselnüsse), sondern es handelt sich dann um eine primäre Sensibilisierung gegen die Haselnüsse, (mit-)verursacht möglicherweise durch den übermäßigen Genuss von Pfirsichen.

    http://www.alles-zur-allergologie.de/Allergologie/Artikel/4876/Allergen,Allergie/Lipid-Transfer-Proteine/

    Es wird jedoch schon so sein, wie Sie dies jetzt schreiben, dass bei Ihrem Sohn ein leichteres orales Allergiesyndrom auf die Haselnuss vorliegt, was ja bei entsprechender Pollensensibilisierung nicht gerade ungewöhnlich ist. Es wäre daher schon grundsätzlich sinnvoll Haselnüsse zu meiden. Bei weiteren Birkenpollenassoziierten Nahrungsmitteln wie Apfel, Birne, Kirsche, Pfirsich, Aprikose, Walnüssen, Sellerie oder Karotte könnten Sie ebenfalls darauf achten, wie Ihr Sohn reagiert. Und "reagieren" bedeutet dabei mit entsprechenden Reaktionen im Mund-Lippen-, ggf. Gaumen-Hals-Bereich und eben nicht mit anaphylaktischen Reaktionen und schon gar nicht mit einem Schockgeschehen! Zu übertriebener Vorsicht oder gar Panik besteht also keinerlei Anlass bzw. Notwendigkeit.

    Kiwi passt ebenfalls in diese Reihe, so dass eine entsprechend positive Reaktion im Pricktest nicht ungewöhnlich ist. Jedoch würde auch hier bei einer klinisch relevanten Kiwi-Allergie (zunächst) ein orales Allergiesyndrom zu beobachten sein und äußerst unwahrscheinlich eine akute Urtikaria. Deren Hauptursache in ca. 80-90 % der Fälle ist im Kindesalter ein infektallergisches Geschehen.

    Zu den unterschiedlichen Pricktestergebnissen: Wenn in der Pricktestlösung (und es gibt ja Lösungen von verschiedenen Herstellern) nicht Cor a1 oder a2 oder ein anderes dieser Cor-Allergene mit entsprechender Relevanz in ausreichender Konzentration enthalten sind, dann wird auch keine Reaktion im Test erfolgen können. Daneben kommt es durch falsche Lagerung (zu warm/zu kalt) zum Verlust der allergenen Potenz, ebenso wie im Laufe der Zeit zu einer "normalen" Minderung der biologischen Aktivität. Wenn der Verdacht einer Nahrungsmittelallergie dann tatsächlich besteht, ist es in jedem Fall sinnvoller das "originäre" Nahrungsmittel nativ mittels Prick-zu-Prick auszutesten.

    • CommentAuthorsaskia2307
    • CommentTimeFeb 25th 2011
     

    Sehr geehrter Herr Dr. Irion,

    nochmals vielen Dank für Ihre Ausführungen. Mittlerweile war ich mit meinem Sohn in der Kinderklinik Bochum und habe dort eine spezifische Testung auf die unterschiedlichen Allergene durchführen lassen. Bei der Testung auf Haselnuss ist wirklich nur eine positive Reaktion auf Cor a1 aufgetreten, so dass wir in dieser Richtung schon mal beruhigter sind und auch schon wieder Schokolade mit geringem Haselnussanteil ausprobiert haben.

    Leider sind die Testergebnisse auf die Erdnuss nicht so erfreulich. Diese zeigen eine Reaktion auf Ara h1-3 , welche wohl relativ häufig einen anaphylaktischen Schock auslösen können. Jetzt möchte der Professor dort gerne einen oralen Provokationstest durchführen, um die Reaktion genauer bestimmen zu können. Ich bin aber leider sehr ängstlich, was diese Testung anbelangt. Soweit ich gelesen habe, wird so eine Testung bei Erdnüssen nur sehr selten durchgeführt. Wie gefährlich ist dieser Test? Welche Klink hat die meisten Erfahrungswerte? Wie läuft so ein Test in der Regel ab? Reicht ein 2tägiger Aufenthalt dafür aus? Ist das Testergebnis sicher? Soll heißen, wenn mein Sohn bei dem Test nicht auf Spuren von Ernüssen reagiert, wird er dann nie reagieren? Oder muss man dafür täglich Spuren von Erdnüssen verzehren?

    Vielen, vielen Dank!

    Saskia2307

    •  
      CommentAuthorDr. Irion
    • CommentTimeFeb 25th 2011 bearbeitet
     

    Eine orale Provokationstestung auf Erdnuss halte ich geradezu für unsinnig! Da bisher bei Ihrem Sohn doch keine klinische Reaktion auf die Erdnüsse vorlag (anaphylaktische Reaktion mit Asthma etc.), wieso sollte er dann in einem Test reagieren? Ich hatte an anderer Stelle schon einmal ausführlich begründet, dass auf Grund des Vorliegens von Erdnuss als verstecktes Nahrungsmittel, es vollständig sicher auszuschließen ist, dass nicht eine Erdnussallergie in Form einer entsprechenden allergischen Reaktion schon einmal aufgetreten wäre, wenn tatsächlich eine entsprechend klinisch relevante Sensibilisierung vorliegen würde. Wenn dagegen bereits eine schwerwiegende Reaktion bestanden hätte, kann durch die Provokation ebenfalls eine schwerwiegende Reaktion ausgelöst werden, was ja einfach nicht sein muss.

    Wie Sie zudem richtigerweise schon anfügen, ist eine Provokationstestung immer nur eine Momentaufnahme, und kein Mensch der Welt kann wissen, ob Ihr Sohn nicht irgendwann einmal im Leben doch auf Erdnüsse reagiert. Dieses Problem betrifft jedoch nicht nur Ihren Sohn, sondern ist ein generelles Problem, da es einfach keinen Test gibt (und vermutlich auch in nächster Zukunft geben wird), der über die (aktuelle oder künftige) klinische Relevanz einer Sensibilisierung Auskunft gibt bzw. geben kann.

    Etwas anders würde sich die Situation darstellen, wenn tatsächlich eine massive Erdnussallergie auf kleinste Mengen vorliegen würde, die dann auch die Lebensqualität erheblich einschränken würde. Hier könnte ich mir durchaus eine Desensibilisierung auf Erdnuss vorstellen, die dann tatsächlich unter stationären Bedingungen eingeleitet werden müsste!