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Allergologie Allergie Forum

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    • CommentAuthornisim_123
    • CommentTimeSep 4th 2010
     

    Lieber Herr Dr. Irion,

    mein Sohn (jetzt 6 Monate alt) hat vermutlich eine Kuhmilcheiweißallergie. Hier kurz seine Leidensgeschichte: 4 Wochen zu früh geboren, starke Neugeborenengelbsucht schon am 1. Tag, da Gewichtsverlust über 10% zufüttern mit HA Pre. Danach für 6 Wochen ausschließlich abgepumpte Muttermilch. Schon da starke Bauchschmerzen mit viel schreien. Mit 7 Wochen Umstellung auf HA Pre Milch. Darunter verschlimmerung der Bauchschmerzen und zusätzlich Entwicklung eines atopischen Elzems im Gesicht und hinter den Ohren. Blutabnahme wg. V.a. Kuhmilchallergie. RAST Test negativ (Klasse 0, Gesamt IgE nicht erhöht). Daraufhin folgten einige Wechsel der Milchsorten (Novalac BK, Aptamil Comfort, "normale Pre" etc.). Die Haut war mal besser, mal schlechter (nie ganz gut). Auch die Bauchschmerzen (äußern sich in drücken und pressen mit schrillem schreien) waren mal besser, mal schlechter. Zusätzlich spuckt unser Sohn sehr viel (es gibt aber auch Tage da spuckt er gar nicht). Durchfall hat er eigentlich nicht, der Stuhl ist aber meistens sehr flüssig (Stuhlfrequenz 1-3 x /Tag).

    Phasenweise ist jede Mahlzeit eine Qual. Nachdem er eine kleine Menge Milch getrunken hat, fängt er an zu drücken und zu kreischen, windet sich, überstreckt sich und brüllt. Auch nach den Mahlzeiten fühlt er sich immer extrem  unwohl, schreit und drückt. In einer extrem schlimmen Phase haben wir dann die Milch auf Novalac Allernova umgestellt. Daraufhin ging es ihm nach 3 Tagen so gut wie noch nie. Kein drücken mehr, wesentlich weniger schreien, kein Ausschlag mehr. Leider fing es aber nach ca 2 Wochen an sich langsam wieder zu verschlechtern. Zudem haben wir langsam mit der Einführung von Beikost begonnen (wenig Löffel Pastinake und Kürbis). Jetzt wurde es allerding derart schlimm, dass wir heute auf Neocate umgestellt haben. Schlimm sind vor allem wieder die Bauschmerzen. Der Ausschlag ist minimal im Gesicht. Aber vor allem bei jeder Mahlzeit brüllt er vor Schmerzen und drückt wie wahnsinnig. Beikost haben wir erstmal belassen (5 Löffel Kürbis). Nun zu unseren Fragen:

    • Glauben sie an eine Milcheiweißunberträglichkeit? Da es ja auch unter "normaler" Säuglingsmilch mal etwas besser war. Unter unter Allernova hatte es sich ja nach 2-3 Wochen wieder verschlechtert. Was könnte es sonst sein?
    • Was halten sie von Neocate? Wie lange dauert es denn bis es mit Neocate besser werden müsste? Kann es auch sein, dass er den Brei nicht verträgt? Wie sollen wir ihn dann ernähren?

    Wir sind mittlerweile verzweifelt, waren bei zig Kinderärzten. Von Interaktionsstörung, über hysterische Mutter, bis "der hat nichts", haben wir alles gehört. Wirklich Ahnung hatte keiner. Können sie uns einen Tipp geben wie wir einen kompetenten Kinderarzt/Allergologen in Bayern finden?

    Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen!

    •  
      CommentAuthorDr. Irion
    • CommentTimeSep 4th 2010
     

    Hallo,

    also ich denke nicht, dass Ihr Sohn an einer Kuhmilchallergie leidet. Sie haben ja geschrieben, dass er die geschilderten Probleme bereits bei der Gabe von Muttermilch hatte, auch die unauffällige Testung mittels RAST spricht dagegen. Spätestens jetzt jedoch, nach Gabe von Neocate, das ja ausschließlich aus Aminosäuren besteht, müsste sich dann eigentlich sofort eine deutliche Besserung einstellen. Problem mit diesen reinen Aminosäuregemischen ist allenfalls, dass sie von den Kindern wegen des "ungewöhnlichen" Geschmacks nicht angenommen werden, aber Neocate soll eigentlich ganz gut schmecken.

    Die Auslösung der ekzematösen Veränderungen im Sinne eines atopischen Ekzems durch Kuhmilch ist auch eher unwahrscheinlich, da Sie ja geschrieben haben, von Anfang an ausschließlich eine hypoallergene Milchnahrung zugefüttert zu haben. Jedoch würde bereits ein Schoppen mit einem "normalen" Kuhmilchprodukt ausreichen diese Reaktion auszulösen. Therapeutisch sollte hierbei dann eine extensiv hydrolysierte Milchnahrung bis zum 18. Lebensmonat bzw. 2. Lebensjahr eingesetzt werden. Die Gabe eines Aminosäurengemisches wäre hierbei nicht notwendig.

    Schreien im Zusammenhang mit der Nahrungseinnahme ist jedoch nicht so ganz ungewöhnlich, das wird Ihnen sicherlich auch Ihr Kinderarzt schon erklärt haben. Häufig werden die in diesem Zusammenhang ausgelösten Schmerzen durch einen gastroösophagealen Reflux verursacht, wobei die in die Speißeröhre zurückfließende Säure dann zu den die Schmerzsymptomatik auslöst. Ursächlich ist eine noch nicht vollständige Ausreifung des Sphinktermechanismus sowie die geringe Fassungsgröße der Speiseröhre, was auch das Spucken erklärt.

    Maßnahmen hierbei sind z.B. das Eindicken der Nahrung (wie verhält sich denn Ihr Sohn bei bzw. nach den 5 Löffeln Kürbis?) oder die Gabe von mehreren kleineren Mahlzeiten. Organische Störungen wie Zwerchfellhernien oder eine Ösophagusfehlbildung sollten natürlich ausgeschlossen sein.

    Viele Grüße

    Dr. Roland Irion

    • CommentAuthornisim_123
    • CommentTimeSep 5th 2010
     

    Lieber Dr. Irion,

    vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort.

    Der V. a. Kuhmilchunverträglichkeit ergab sich hauptsächlich weil die Beschwerden sich unter HA Pre deutlich verschlimmerten (im Vergleich zu Muttermilch, und ich habe mich nicht milchfrei ernährt), außerdem das atopische Ekzem erst dann unmittelbar nach HA-Gabe auftrat. Zusätzlich "erhärtete" sich der Verdacht weil nach Umstellung auf Novalac Allernova (extensiv hydrolysierte Nahrung) nach 2-3 Tagen eine drastische Besserung eintrat. Eine Allergie vom Soforttyp, somit IgE vermittelt liegt nach Laborergebnis nicht vor.

    • Aber gibt es nicht auch nicht-IgE-vermittelte Allergien? Käme eine solche bei meinem Sohn in Frage?
    • Wie ließe sich dann die erneute Verschlechterung nach 2-3 Wochen mit der extensiv hydrolysierten Nahrung erklären? Kann es sein, dass da eine Sensibilisierung auf das extensive Hydrolysat erfolgt ist?

    Da die Verschlechterung ziemlich zeitgleich mit Beikostbeginn auftrat, haben wir den Brei versuchsweise nochmal weggelassen. Mit nur minimalster Besserung (wenn überhaupt). Darum Wechsel auf Kürbis und gestern schließlich doch Wechsel der Milch auf neocate. Allerdings bis jetzt überhaupt keine Besserung.

    Drücken wegen Bauchschmerzen?:
    Uns beunruhigt vor allem das dauernde "Drücken" mit hochrotem Kopf (als hätte er Verstopfung, die er aber definitv nicht hat) und damit verbundene Schreien zwischen den Mahlzeiten. Daraus schließe ich überhaupt auf Bauchschmerzen und damit auch auf Milchunverträglichkeit. Alle klassischen Hilfsmittel bei Säuglingskoliken haben wir probiert (ohne Erfolg). Er hat auch kaum Blähungen.

    Zum Reflux:
    Ein gastroösophagealer Reflux könnte tatsächlich zusätzlich vorliegen (man merkt oft, dass ihm Milch wieder hochläuft, er hustet seit kurzem auch relativ oft). Allerdings wundert mich auch hier, dass die Beschwerden mal besser, mal schlechter sind und das besagte offensichtlich schmerzhafte "Drücken" erklärt ein Reflux meiner Meinung nach auch nicht. Vor allem schreit er nicht beim Spucken, sondern beim Trinken und danach. Wenn die Nahrung in die möglicherweise entzüdete Speiseröhre zurückläuft müsste er doch beim Spucken Schmerzen haben. Andicken der Nahrung haben wir versucht, führt nur zu Verstopfung, keine Änderung bezüglich des Spuckens und des Schreiens. Die Gabe von mehreren, dafür kleineren Mahlzeiten haben wir auch versucht. Er spuckt unabhängig von der Milchmenge. Mal trinkt er 60 ml und hat Beschwerden, mal trinkt er 200 ml und hat überhaupt keine Beschwerden. Unmittelbar nach dem Brei schreit er in der Regel nicht.  

    • Ich habe gelesen, dass ein symptomatischer Reflux oft bei Kindern mit Kuhmichlallergie auftritt. Stimmt das? Gibt es da einen Zusammenhang?
    • Wie sollen wir diagnostisch/therapeutisch vorgehen? 24-Stunden pH-Metrie?

    Ekzem:
    Falls keine Milcheiweißallergie vorliegt, woher könnte dann das atopische Ekzem kommen? Wir haben Meerschweinchen, könnte das daher kommen? Zusätzlich fällt uns seit ein paar Tagen auf, dass er sich bei und nach jeder Mahlzeit die Augen reibt (er ist aber defintiv nicht müde) als würde diese jucken. Ansonsten scheint die Haut aber nicht zu jucken. Tritt bei Neurodermitis im Säuglingalter nicht immer zuerst Milchschorf auf? Den hat er nämlich kaum. 

    Wir sind wirklich verzeifelt, da er offentsichtlich Schmerzen hat, aber keiner helfen kann. Wir finden auch keinen Kinderarzt, der sich mit Unverträglichkeiten wirklich auskennt. Wo kann man Adressen von spezialisierten Kinderärzten erfagen (Nähe Augsburg)? Ich bin selbst Ärztin, aber inzwischen leider wirklich ratlos.
    Vielen Dank für Voraus für Ihre Einschätzung und Hilfe!

    Viele Grüße

    •  
      CommentAuthorDr. Irion
    • CommentTimeSep 5th 2010 bearbeitet
     

    Sie müssten grundsätzlich bei einer Kuhmilchunverträglichkeit eine echte Typ I-Allergie von der Auslösung eines atopischen Ekzems unterscheiden, eine Reaktionsform, die man unter eine Typ IV-Reaktion einordnen könnte. Daneben gibt es noch die Laktoseintoleranz, die jedoch bei einem primären Laktasemangel eine wesentlich ausgeprägtere Symptomatik verursachen dürfte. Eine eosinophile Ösophagitis kann sicherlich ausgeschlossen werden.

    Bei dem sogenannten Milchschorf handelt es sich um seborrhoisches Ekzem, das in den ersten Lebenswochen auftritt und dann ab dem 2. bis 3. Lebensmonat wieder veschwindet, ca. genau dann, wenn erstmalig ein atopisches Ekzem zu beobachten ist. Dies würde ja bei Ihrem Sohn mit dem Auftreten nach der 7. Lebenswoche ganz gut passen. Ursächlich (zumindest nach meiner persönlichen Theorie, die ich in der Praxis jedoch häufig bestätigten konnte) ist der Genuss von Kuhmilchprodukten, wobei hierbei kleinste Mengen ausreichen. Über die Muttermilch könnte analog zu den Erdnüssen eine Sensibilisierung erfolgen, eine (wesentliche) klinische Relevanz bezweifle ich jedoch. Dieses potente Allergen (wie auch dann später einzelne andere) gelangt auf Grund der fehlenden Ausreifung der immuologischen Darmabwehr in die Haut und kann dort dann eine Ekzemreaktion auslösen, analog zu einem Kontaktekzem, bei dem das Allergen direkt auf die Haut aufgebracht wird. Bestätigt werden könnte diese Reaktion durch einen Atopie-Patch-Test, den ich jedoch nicht für gerade sinnig halte, da es einem Säugling kaum zuzumuten ist, eine Pflastertestung auf der Haut für mehrere Tage zu erdulden, einmal ganz abgesehen davon, dass dieser Test (noch) nicht standardisiert ist, bzw. durch eine Provokationstestung unter aufwendigsten stationären Bedingungen. Ich empfehle daher in diesen Fällen bis zum 18. Lebensmonat bzw. 2. Lebensjahr die Gabe einer extensiv hydrolisierten Milchnahrung sowie das Meiden von weiteren potenten Allergenen wie Soja, Fisch, Nüsse, Erdnüsse und Weizen.

    Davon ist die Typ I-Kuhmilchallergie abzugrenzen. Im Extremfall reicht hier das extensiv hydrolysierte Produkt nicht aus, da es immer noch in geringen Mengen allergisierende Eiweißbestandteile enthält. Hier ist dann die bereits angesprochene Aminosäuremischung erforderlich. Alternativ kann auch ein Milchersatz auf Reis- oder ggf. (zumindest vorübergehend) auch auf Sojabasis versucht werden, wobei fehlende Spurenelemente ergänzt werden müssten. -  Mit dieser Maßnahme müssten die Beschwerden sich jedoch dann auch schnell bessern, da diese ja bisher auch (überwiegend) abhängig von der Nahrungsmittelaufnahme waren. Zudem würde hierdurch auch eine Laktose-Intoleranz (sicher) ausgeschlossen.

    Eine gastrointestinale Refluxkrankheit kann sicherlich in Zusammenhang mit einer Kuhmilchallergie einhergehen; welche Maßnahmen jedoch nach entsprechender Ernährungsumstellung ohne Beschwerdebesserung erfolgen sollten, fällt jedoch nicht mehr in mein Fachgebiet, so dass ich hierzu auch wenig beitragen kann. Einen Kinderarzt mit Spezialisierung in Allergologie in Ihrer Gegend können Sie sicherlich bei der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie (www.gpaev.de) erfahren.

    • CommentAuthorMeike
    • CommentTimeSep 21st 2010
     

    Hallo nisim_123,

    mein Sohn (4 Monate) zeigt seit 3 Wochen eine ähnliche Symptomatik. Für das ständige pressen und drücken haben wir bisher aber auch keine wirkliche Erklärung gefunden. Sind Sie vielleicht schon etwas weiter woran es liegen könnte? Ein leichter Reflux liegt bei uns ebenfalls vor und wir hatten zu Beginn auch mal an eine Unverträglichkeit gedacht. Der Kinderarzt hatte uns aber diese Sorge genommen.