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Zungenbrennen

Syn.: Glossodynie, Glossopyrosis, Somatopyrosis, "burning mouth syndrome"

Unter Zungenbrennen versteht man ein chronisches orales Schmerzsyndrom, das durch Schmerzen oder sonstige Dysästhesien an der Zunge oder Mundschleimhaut einschließlich der Lippen gekennzeichnet ist. Die Symptome können sowohl mit als auch ohne morphologischen Veränderungen im Rahmen einer Vielzahl verschiedener Grunderkrankungen auftreten. Die Unkenntnis der Ursachen führt jedoch häufig zu unangebrachten Therapieversuchen und veranlasst Patienten von Arzt zu Arzt zu wechseln.

Epidemiologie

Am häufigsten sind Frauen im mittleren oder fortgeschrittenen Alter zwischen dem 45. und 60. Lebensjahr betroffen. Auf die Lippen beschränkte Symptome treten vorwiegend bei Männern im Alter von 50-70 Jahren auf. Die allgemeine Prävalenz liegt bei 2,6 % er erwachsenen Bevölkerung.

Klinik

Am häufigsten werden die seitlichen Zungenränder und die Zungenspitze als Sitz der Beschwerden angegeben. Es folgen der Zungengrund, Gaumen, die Wangen- und Lippenschleimhaut. Sind Schmerzen vorhanden werden diese als dumpf, brennend und kontinuierlich charakterisiert und nehmen oftmals zum Abend hin zu. Die Aufnahme von heißen, gewürzten, scharfkantigen oder sauren Speißen kann diese verstärken. Etwa die Hälfte der Patienten klagt gleichzeitig über eine Mundtrockenheit und Geschmacksstörungen. Viele der Patienten mit Zungenbrennen versuchen durch Drücken und Reiben ihrer Zunge an den Zähnen die Missempfindungen abzumildern, wodurch es zu einem Abreiben der Schleimhaut der Zungenspitze mit kleinen roten Punkten durch Freilegen der filiformen Papillen kommt.A

Ätiopathogenese

Orale oder gastrointestinale Infektionen (insbesondere Candidose), Lichen ruber (insbesondere erosive und bullöse Formen) sowie mechanischen Traumen durch schlecht sitzende Zahnprothese oder kariöse Zähne zählen zu den häufigsten lokalen Faktoren, die mit Zungenbrennen assoziiert wreden. Bei einem Lichen ruber mucosae können brennende Zungenschmerzen bereits vor dem Auftreten sichtbarer Veränderungen, auch als Lichen ruber glossodynicus bezeichnet, auftreten. Daneben können Reize durch Chemikalien oder lokal wirksame Medikamente, elektrogalvanische Spannungsdifferenzen von im Mund befindlichen Prothesenmetallen, Allergien auf Prothesenkunststoff oder Nahrungsmittel, eine Strahlenmukositis oder Nikotinabusus durch Zerstörung der Speicheldrüsen oder eine chronische Mundbeatmung zu Zungenbrennen führen. Eine toxische Mukositis kann durch Gold, Wismut, Blei oder Quecksilber hervorgerufen werden. Als relevante Allergene für die kontaktallergische Stomatitis wurden beispielsweise Methylmethacrylatmonomere, Nickelsulfat, Kobaltchlorid oder Kupfer identifiziert.

Daneben können diverse Allgemeinkrankheiten und Medikamente wie Antibiotika, Diuretika, Indometacin, Salizylate, Glukokortikoide sowie Zytostatika zu Zungenbrennen führen. Anticholinergika und Antihistaminika könen durch Austrocknung der Mukosa ebenfalls derartige Beschwerden hervorrufen. Zungenbrennen in Kombination mit einer geröteten, normal feuchten Zunge wird zudem bei perniziöser Anämie als Möller-Hunter-Glossitis oder bei Pelagra beobachtet. Die Kombination von Zungenbrennen mit einer geröteten, aber trockenen Zunge kommt bei Riboflavin (Vitamin B2)- oder Nikotinamidmangel, bei Sjögren- oder Plummer-Vinson-Snydrom (Eisenmangel), gastroenterologischen Erkrankungen wie Achylie, Colitis ulcerosa sowie Leber- und Gallenwegsinfektionen, bei Diabetes mellitus oder Schilddrüsenfunktionsstörungen vor.

In einer Untersuchung litten Patienten mit einem lange bestehenden Diabetes mellitus Typ 2 signifikant häufiger unter Zungebrennen (56 %) oder Mundtrockenheit (18 %) als in einem Kontrollkollektiv. Als kausale Faktoren dieser Symptome wurden eine Mikroangiopathie und Neuropathie diskutiert.

Obwohl die Xerostomie mit dem Lebensalter kolleliert, konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass die Speicheldrüsenfunktion bei gesunden älteren Menschen erhalten bleibt. Die Zusammensetzung des Speichels scheint jedoch chemische Veränderungen zu durchlaufen, wobei es im Alter zu einer Abnahme des Pryalin- und Zunahme des Muzingehaltes kommt.

Eine höckrige, gefurchte Zunge findt man bei der heute außerordentlich selten anzutreffenden Glossitis luica (Lues III) und Amyloidose. Sowohl bei der zirkumskripten als auch der systemischen Sklerodermie kann die Zunge glatt und grau imponieren. Daneben können Tumoren der Zunge zu Dysästhesien führen.

Zungenbrennen ohne pathologischen Zungenbefund kann zudem auf eine Geicht, multiple Sklerose, Mukoviszidose, Riesenzellarteriitis, Veränderungen des ersten Halswirbels oder auf ein Costen-Syndrom (Mandibularsyndrom) oder auch eine HIV-Infektion hinweisen. Bei Patienten mit Fibromyalgie wuden erhöhte Prävalenzen von Xerostomie, Zungenbrennen, Dysphagie und Dysgeusie, teilweise mit oralen Ulzerationen nachgewiesen. 

 Als paraneoplastisches Syndrom ist das Zungenbrennen bei Patienten mit Dünndarmkarzinom oder kleinzelligem Bronchialkarzinom sowie bei Morbus Hodgkin und Glukagonom-Syndrom beobachtet worden. ein Östrogenmangel wurde wegen der besonderen Häufung von Zungenbrennen bei Frauen im Klimakterium mehrfach als Ursache angenommen. Ein kausaler Zusammenhang kontte aber nicht bewiesen werden.

Patienten mit Zungenbrennen präsentieren zudem ein hohes psychopathologisches Profil, wobei Somatisierungen, Depressionen und Angsstörungen häufig gleichzeitg vorliegen. Körperliche Missempfindungen bei zugrundeliegender Depression betreffen dabei oft mehrere Organsysteme. Hypochondrie und Kanzerophobie können sich ebenfalls als Zungenbrennen äußern. Schizophrenien und abnorme Persönlichkeitsentwicklungen sind als Ursache von Zungenbrennen seltener. Die meisten Patient mit Zungenbrennen sind von der somatischen Ursache ihrer Symptome überzeugt und sperren sich gegen eine psychiatrische Untersuchung. Oftmals erschweren Dissimulation, Abwehr, Verschweigen depressiver Phasen und psychiatrisch auffälliger Famileinmitglieder die Diagnostik. Es bleibt festzuhalten, dass psychische Störungen und Erkrankungen mit Abstand die häufigsten Ursachen von Zungenbrennen sind.

Therapie

Die Behandlung von Patienten mit Zungebrennen verläuft oft unbefriedigend. Eine eingehende Diagnostik ist notwendig, um mögliche Grunderkrankungen aufdecken und ausschalten zu können. Eine sorgfältige Eigen- und Familienanamnese sollte deshalb der Therapieeinleitung vorausgehen. Nach Ausschluss etwaiger Grunderkrankungen kann ein Therapieversuch mit trizyklischen Antidepressiva, Benzodiazepinen, bei Schlafstörungen auch in Kombination mit Doxepin oder Maprotilin unternommen werden. Viele Antidepressiva können jedoch aufgrund ihres anticholinergischen Effektes eine eventuell vorhandene Mundtrockenheit verstärken. Einzelne Patienten mit Zungebrennen wurden auch erfolgreich mit Gabapentin in einer Tagesdosis von 900-2.400 mg behandelt, bei raschem Wirkungseintritt und geringen Nebenwirkungen. Die Mundtrockenheit kann durch Hydratation oder Substitution von künstlichem Speichel gebessert werden. Pilocarpin kann bei Patienten mit Sjögren-Syndrom oder vorausgegangener Radiatio gute Resultate erzielen. Daneben wurden Lokaltherapien mit Panthenol, Lidocain und Capsaicin sowie ein Hormonsubstitution bei postmenopausalen Frauen als symptomlindernd beschrieben. Bei psychisch bedingten Beschwerden kann eine Psychotherapie erforderlich sein.

Literatur

Helbig. Hautnah Dermatologie 22, 243-244 (2005)

Helton et al: The burning mouth syndrome: lack of a role for contact urticaria and contact dermatitis. J Am Acad Dermatol 31, 201-205 (1994)!!!!

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