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Hausstaubmilben 

Inhalative Typ I-Soforttypallergene 

Vorkommen 

Hausstaubmilben (HSM) werden überall gefunden, wo Menschen leben, mit unterschiedlicher Prävalenz für eine oder die andere der vier verbreitetesten Arten (Dermatophagoides pteronyssinus, D. farinae, D. microceras und Euroglyphus maynei). Nur in kalten und extrem trockenen Klimaten werden HSM nur in kleiner Zahl oder überhaupt nicht nachgewiesen. Die Milben sind verbreitet im Staub von Böden, Polstermöbeln und Betten, besonders wenn die Luftfeuchtigkeit hoch ist. In der Wohnung ist die Matratze das bedeutsamste Milben- und Allergenreservoir, vor allem hinsichtlich der unmittelbaren Expsition des Schläfers. Dort finden insbesondere die HSM genügend Nahrung, Feuchtigkeit, Wärme und Rückzugsgebiet in der Matratzentiefe. Allgemein ist die Konzentration in Staubproben um so höher, je feuchter das Haus, die Jahreszeit und das Klima ist. Die Faeces, die etwas kleiner sind als Pollen, gelangen auch in die Luft und können so die allergischen Reaktionen der Atemwege auslösen. Den Großteil der Nahrung der HSM liefert der Mensch mit seinen Hautschuppen. Ein Erwachsener stößt etwa 1,5 g täglich davon ab; dies reicht ca. 100.000 Milben als Nahrung. 

Die Hausstaubmilbe hat einen relativ einfachen Lebenszyklus. Er beginnt mit dem Ei, aus dem nach etwa 6 Tagen die sechsbeinige Larve schlüpft. Sie ist 0,1 mm lang, etwa weitere 6 Tage aktiv und nach einer Umwandlungszeit von 1 bis 2 Tagen verlässt sie als Protonymphe ihre alte Hülle. Von da an produziert sie jene Faeces-Klümpchen, die das Hauptallergen Der f1 (MG 25.000) enthalten. Die nächsten Stufen sind die Tritonymphe, die zu fertilen Weibchen oder Männchen auswachsen. Diese leben etwa 70 bis 120 Tage und haben eine Größe von etwa 1/3 mm. Mit bloßem Auge sind sie bei günstigen Lichtverhältnissen eben noch zu erkennen. Die Kotbällchen sind von einer dünnen Membranen umgeben und messen 10 - 40 Mikrometer. 

Die Anforderungen an die Temperatur sind sehr eng begrenzt, sie reichen von 15 - 32 °C. Das Optimum liegt bei 25 °C. Der notwendige Bereich der Luftfeuchtigkeit liegt zwischen 70 und 85 %. 

Allergologische Relevanz 

Hausstaubmilben gehören zu den bedeutensten Allergieauslösern. Obwohl die meisten Milben mit Beginn der Heizperiode durch die niedrige Luftfeuchtigkeit absterben, erreichen die allergischen Beschwerden gerade dann ihren Höhepunkt, weil sich jetzt die maximale Menge an Kot angesammelt hat und durch den Luftumwälzeffekt der Heizkörper der Staubanteil der Atemluft besonders hoch ist. Auch das Saugen mit einem normalen Staubsauger bringt besonders viel der allergenen Substanzen in die Atemluft, da die Kotpartikel so klein sind, dass sie den Staubsauger über den normalen Abluftfilter wieder verlassen. 

Klinische Reaktionen bei inhalativem Kontakt mit Hausstaubmilben äußern sich in einer IgE-vermittelten Soforttypreaktion wie Rhinokonjunktivitis und Asthma bronchiale. 

Auch die Exazerbation einer atopischen Dermatitis konnte bei Hautkontakt mit den Milben beobachtet werden. So konnte aus positiven Epikutantest-Reaktionen gegenüber diesen Allergenen und Ekzemläsionen hausstaubmilbenspezifische T-Lymphozyten isoliert werden. Auch konnten Langerhanszellen, die Hausstaubmilbenallergene über spezifische IgE-Antikörper binden und positive Epikutantest-Reaktionen nachgewiesen werden. Die Produktion von proinflammatorischen Zytokinen durch spezifische T-Lymphozyten und antigenpräsentierende Zellen könnten zur Aktivierung weiterer inflammatorischer Zellen wie eosinophiler Granulozyten führen und hierdurch ekzematöse Morphen hervorrufen bzw. verstärken. 

Auslöser einer Nahrungsmittelallergie 

21 Patienten entwickelten anaphylaktische Symptome von Lebensmitteln, die mit Milben-verunreinigtem Mehl hergestellt worden waren. Bei allen Patienten waren Hauttests mit Dermatophagoides farinae positiv, während mit normalem Mehlextrakten keine Reaktion eintrat. 

Hausstaubmilbenassoziierte Nahrungsmittelallergie 

Über die Kreuzreaktivität, für die möglicherweise die hitzestabilen Proteine Tropomyosin und Hemocyanin verantwortlich sind, wurde in der Literatur hauptsächlich für Schnecken und Hausstaubmilbenallergene, seltener für Krabben, Garnelen und Muscheln berichtet. Aufgrund der Proteinhomologie können Hausstaubmilbenallergiker bereits bei Erstverzehr dieser Schalentiere mit schweren Asthmaanfällen oder anaphylaktischen Reaktionen (wie Urtikaria) reagieren. Eine kürzlich publizierte Studie konnte zeigen, dass ein Drittel der Kinder mit einer Hausstaubmilbensensibilisierung ebenfalls eine Schneckensensibilisierung aufweisen, obwohl diese bisher noch nie verzehrt worden waren.  Berichtet wurde anhand eines klinischen Falls über das Milben-Krustazeen-Mollusken-Syndrom. Bei diesem Syndrom erfolgt die Sensibilisierung durch Hausstaubmilben, sodass bereits der Erstverzehr von wirbellosen Tieren wie Schnecken, Garnelen, Muscheln oder Austern zur Anaphylaxie führen kann.

Kreuzreaktionen zwischen Allergenen von Hausstaubmilben, Krustazeen sowie Chironomiden (z.B. rote Mückenlarve) sind immunologisch bestätigt. Dafür werden phylogenetisch konservierte Strukturen innerhalb der Arthropoden verantwortlich gemacht. Als kreuzreagierendes Allergen wird Tropomyosin (Muskelprotein) verantwortlich gemacht. Krustazeen und Chironomiden (relevant als Fischfutter) können nutritiv bzw. inhalativ potente Allergene mit klinischer Relevanz darstellen. 

Diagnostik 

Prick, i.c. (Al.: Dermatophagoides pteronyssinus u. farinae), RAST (Ph.: Dermatophagoides pteronyssinus, farinae u. microceras), ggf. nasale Provokation (Al.) 

Therapie 

Zur effizienten Behandlung von Hausstaubmilben-Allergien ist eine möglichst weitgehende Allergen -Karenz unbedingt erforderlich. Dabei kann an mehreren Stellen in den Lebenszielen der Milben eingegriffen werden: 

  • Verhindern, dass die Kotbällchen in die Luft gelangen: praktisch unmöglich. Besonders zu Beginn der Heizperiode wird durch den Temperaturanstieg die relative Feucht der Luft stark vermindert, was zum Zerfall der Kotpartikel führt, die nun in trockener Umgebung nicht mehr so stark an Polstermöbeln, Teppichen etc. haften und durch minimale Luftbewegungen in der Schwebe gehalten werden. 
  • Minimierung des Nahrungsangebotes
    Die meisten Epithelschuppen sind in den Betten deponiert und zwar vor allem zwischen Leintuch und Matratze. Dort hält sich auch der Großteil der Milben auf. Die Körperwärme und die Transpiration bieten ideale Verhältnisse für die Milben. Es empfiehlt sich der Gebrauch von Matratzen mit glatter Oberfläche, die mit dem Staubsauger leicht gründlich abgesaugt werden können. Ein- bis zweimalige Reinigung pro Woche sind im allgemeinen ausreichend, um die Nahrungsdepot zu minimieren. Spezielle Milben-Bettwäsche ist sicherlich hilfreich (Encasing). Durch eine semipermeable Kunststoffhülle wird verhindert, dass Milbenallergene nach außen und Hautschuppen als wesentliche Nahrungsgrundlage nach innen gelangen. 
  • Teppiche bieten den Milben hervorragende Versteckmöglichkeiten. Sie können sich an den Teppichhaaren bestens anklammern und vor dem Staubsauger retten. Problematisch sind hier insbesondere Stellen, an denen Epithelschuppen als Nahrungsquelle zu Verfügung stehen, z.B. an Stellen, an denen sich der Mensch umzieht. Je hochfloriger der Teppich, desto geschützter sind die Milben vor dem Staubsauger, da die Leistung in den tieferen Schichten oft nicht ausreicht, um Milben oder auch nur deren Faeces oder die Epithelien abzusaugen. Jeder andere Bodenbelag ist daher einem Teppich vorzuziehen. 
  • Verschlechterung der ökologischen Bedingungen der Milbe
    In erster Linie ist eine Reduktion der Luftfeuchte zielführend. Die Abwesenheit von Milben in Höhen von über etwa 1200 m über dem Meer leitet sich aus dem Umstand ab, dass die feuchte, aber kühle Außenluft bei Erwärmung auf Raumtemperatur extrem trocken wird und somit im häuslichen Bereich keine milbenadäquaten Voraussetzungen bestehen. Aus diesem Grund ist eine Luftfeuchte unter 50 % anzustreben. Temperaturverminderung bringt nichts, aber Lüften und Aufheizen der abgekühlten Luft kann sich positiv auswirken. Mögliche Quellen für die Erhöhung der Luftfeuchtigkeit wie Luftbefeuchter oder Zimmerpflanzen sollten zumindest aus dem Schlafraum entfernt werden. 
  • Extinktion der Tiere
    Abtötung der Population durch Akarizida ist wenig zielführend, da die Wiedereinschleppung mit Kleidung, Staub, Lüften etc. sehr schnell vor sich geht. Zwar ist der Nachschub an Faecespartikel temporär gestoppt, deren Anwesenheit jedoch nicht beseitigt. Hier können jedoch effiziente Staubsaugerfiltersäcke, die den größten Teil dieser Partikel auffangen weiterhelfen, da die Faecespartikel so klein sind, dass sie vom ”normalen” Staubsack nicht oder nur teilweise zurückgehalten werden, sondern mit der Abluft bloß neu im Raum verteilt werden. 

ggf. Hyposensibilisierung (Al.) 

 Sinnvolle Karenzmaßnahmen bei diagnostizierter Hausstaubmilbenallergie                   

Bett

  • Matratze (auch neue) mit einem (guten) Encasing (spezielle Anforderungen) umhüllen; wenn möglich neute Matratzen anschaffen
  • bei 60 °C waschbares Kopfkissen und Oberbett; regelmäßig (mindestens alle 3 Monate) waschen; wöchentlich die Bettbezüge (Baumwolle) wechseln
  • alle Betten im Schlafraum sanieren
  • Bettgestell mit Füßen - Ablüftungsfreiraum unter der Matratze
  • Kuscheltiere der Kinder sollten waschbar/hitzebeständig sein (60 °C) und regelmäßig in die Waschmaschine oder Tiefkühltruhe (über Nacht) wandern

 Schafraum

  • drei- bis viermal täglich Lüften (Stoßlüftung)
  • Luftfeuchtigkeit auf 45-55 % regulieren; Schlafzimmer heizen (18-20 °C)
  • Teppichboden nach Möglichkeit vermeiden - ein abwachbarer Fußboden ist besser
  • täglich Staubsaugen und Wischen
  • Sauger mit hoher Leistung/ effektivem Feinporenfiltersystem; Beutel häufig wechseln
  • Vermeidung unnötiger Möbelstücke und Staubfänger
  • keine Haustiere oder Blumen

 Wenn nötig - auch für die gesamte Wohnung

  • Ausweitung der empfohlenen Maßnahmen
  • abwaschbare Polstermöbel - Holz oder Ledermöbel sind besser

Literatur: 174, 175 

Franz: Karenzmaßnahmen gegen Hausstaubmilben. Allergo J 13, 531-540 (2004)

Kütting et al: Das Milben-Krustazeen-Mollusken-Syndrom Eine seltenere Variante einer Nahrungsmittelallergie bei primärer Sensibilisierung auf ein Aeroallergen. Hautarzt 52, 708-711 (2001)

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